Winterdepression

Vorigen Winter habe ich sie wirklich nicht vermisst! Heuer hat sie mir trotzdem wieder Gesellschaft geleistet. Vorerst mal für 5 Tage, mal schauen ob es dass schon war, oder ob sie zurück kommt. Ich war krank und depressiv. Stellte sich die Frage, war ich krank weil ich depressiv war, oder war ich depressiv, weil ich krank, war? Das ist wie mit der Henne und dem Ei, wobei ich diese Frage in meiner Depression überraschenderweise klären konnte. Natürlich war das Ei zuerst. Da waren 2 Tiere die hatten miteinander Sex und dabei kam das erste Hühnerei heraus – einfachste Evolutionstheorie. Wieso habe ich dafür 36 Jahre gebraucht?

Das sind typische Gedanken in Zeiten meiner Winterdepression. Genauso wie die Frage, warum ich immer noch alleine bin. Was an mir falsch ist, dass mich niemand will. Warum ich es das ganze Jahr schaffe, mir mein Leben schönzureden, so lange bis ich es wirklich glaube und warum es gerade jetzt nicht geht. Was ist plötzlich anders? Wieso bin ich traurig, schlafe und weine den ganzen Tag, wenn sich doch überhaupt nichts verändert hat zu voriger Woche. Und wieso verändert sich eigentlich nichts? Wieso ist mein Leben so sinn- und belanglos? Was TUE ich eigentlich auf dieser Welt? Wozu bin ich eigentlich zu GEBRAUCHEN? Fragen über Fragen und keine Antworten.

Nur Gliederschmerzen und Trübsal. Und was tut man gegen dieses öde Leben, das ich mir doch eigentlich genau so gewünscht hatte? Naja, nicht genau so, ich wollte schon immer jemand haben, der mich liebt. Zumindest einen Menschen auf dieser Welt, dem es nicht egal ist, dass es mir schlecht geht. Natürlich weiß niemand dass es mir schlecht geht, das habe ich niemanden gesagt, aber es könnte trotzdem jemand interessieren. Doch das tut es nicht. Im Büro war ich krank gemeldet und sie haben mich in Ruhe gelassen. Nett, nicht? Schon, zumindest wenn man nicht gerade in Selbstmitleid versinkt. Denn wenn man sich gerade in seiner Einsamkeit suhlt, ist jeder Nicht-Anruf Wasser auf die sich nicht drehenden Mühlen. Hätte allerdings jemand angerufen, hätte ich nicht abgehoben, schließlich wollte ich nicht gestört werden in meinem Leid.

Als0 passiv-aggressives Verhalten, gegen niemanden. Außer gegen mich selbst. Und der Plan all jene mit Missachtung zu strafen, die mich jetzt nicht angerufen haben. Der Plan, zurück im Büro wieder die Mauer aufzubauen, niemanden mehr an mich heranzulassen. Der Plan zu leiden, aber nicht zu sagen warum – könnte ich ja auch nicht, weiß ja auch gar nicht warum! Der Plan auch gleich die Familie wieder auszuschließen, schließlich haben sie sich genauso wenig um mich gekümmert in meinem Leid. Nur weil sie mich im Büro wähnen, ist das noch keine Ausrede. Trotz und Feindseligkeit. Selbstmitleid und Traurigkeit. So tief steckte ich schon lange nicht mehr darin. Es waren nur 5 Tage, keine Ahnung wie ich das früher über Jahre aushielt!

Zurück im Büro kommt mir die Putzfrau gerade Recht. Jede Woche kommt sie und fragt in ihrem gebrochen Deutsch „Wie geht?“. Ich kann das schon nicht hören ohne aggressiv zu werden, wenn es mir gut geht, doch jetzt ist es ganz schlimm. Ich blaffe sie an „SCHLECHT!“. Natürlich geht es ihr auch schlecht. Typisch. Immer wenn ich sage dass es mir nicht gut geht, geht es jemand anderem immer noch ein wenig schlechter. Kenn ich schon, muntert mich nicht auf. Dazu die Schmerzen in meinem Körper. Mein Rücken tut weh, die Knochen sind eingerostet. 5 Tage liegen, mein Körper muss sich erst wieder daran gewöhnen, dass ich mich bewege. Und dann kommt Margit. Unbeeindruckt von meiner miesen Laune muntert sie mich einfach auf. Und im Laufe des Tages, bin ich auch wieder lustig. Es tut mir zwar noch immer mein Körper weh, doch meine Seele lacht wieder. Die Vorsätze sind dahin, keine Mauer mehr. Bis zum nächsten Mal, mal schauen wie lange sie mich diesmal in Ruhe lässt – meine Winterdepression.

© Libellchen, 2014

4 Kommentare zu “Winterdepression

  1. Vor allem gefällt mir, liebes Libellchen, dass es dir wieder gut geht.
    Klasse fand ich den Satz: „Unbeeindruckt von meiner miesen Laune muntert sie mich einfach auf.“
    Ja, solche Menschen gibt es, die nehmen aber auch gar keine Rücksicht ;).
    Lass es dir gut gehen!
    Liebe Grüße von
    Rolf

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