Persönliche Haltung

Mit meinem Kollegen habe ich immer wieder Probleme weil er in vielen Dingen ganz anders tickt als ich. Bei ihm geht das Privatleben immer vor. Bei mir normalerweise die Arbeit. Mein Arbeitgeber bezahlt mir das Gehalt mit dem ich mir meine Wohnung, mein Essen, mein Auto, mein Fitnessstudio, meine Hobbys, etc. leiste. Ohne Job, kein Geld, kein schönes Leben. Deshalb hat der Job an und für sich Vorrang. Wobei ich mittlerweile, wenn ich einen Termin habe, zuerst versuche einen reinkommenden Auftrag an jemand anderen zu übergeben bevor ich meinen privaten Termin verschiebe. Früher war das anders. Da hatte mein Privatleben überhaupt keine Priorität. Habe ich aber keinen Termin und muss spontan was erledigt werden, Überstunden inklusive, dann mache ich das. So lange ich nicht die Einzige bin, die macht. Auch das war früher anders. Da war ich oftmals die Einzige die im Büro saß, während alle anderen heim gingen.

Vorige Woche war ich krank. Am Montag startete ich dann erstmal gemütlich in die Arbeitswoche. In der Früh drehte ich mich zweimal um und kam erst gegen 8 Uhr ins Büro, dafür blieb ich auch bis 16 Uhr. Für den Nachmittag hatte ich mir nichts vorgenommen. Ich wollte einfach mit einem gemütlichen Start beginnen. Da der ganz gut gelang, beschloss ich am Dienstag trainieren zu gehen. Allerdings auch gemütlich. Ohne dem Ziel meinen Plan vollständig zu erfüllen. Dazu muss man sagen dass ich normalerweise gut 1 1/2 Stunden trainiere. 15 Minuten mit Stepper aufwärmen, dann eine Stunde Kraftübungen – mit meistens 4×15 Wiederholungen bei jeder Übung – und zum Abschluss nochmal eine Viertelstunde bzw. 20 Minuten Cardio. An einem Tag am Laufbahn schnell bergauf gehen, am anderen Tag Fahrrad.

Bei meinem Start wollte ich mir keine Druck machen. Ich wollte mich mal auf den Stepper schwingen und schauen wie es so geht! Und es ging gut. Ich zog sogar das ganze Programm vollständig durch. Nach der Dusche und dem Umziehen plauderte ich noch ein wenig mit den Trainern an der Bar. Unter anderem sprachen wir auch über die Trainingsgewohnheiten von den Stammgästen. Dabei erfuhr ich, dass bei einem Pärchen dass normalerweise immer da ist, er wieder krank ist. War er schon vor drei Wochen. Vor zwei Wochen habe ich sie drei Mal die Woche beim Training gesehen und vorige Woche war er wieder krank. Offenbar war er zu früh wieder trainieren gegangen.

Und kaum hatten wir das besprochen, kamen sie auch schon bei der Tür herein. Beide. Er mit total glasrigen Augen und offenbar immer noch krank. Wir hielten uns sicherheitshalber alle ein wenig fern von ihm. Gesprochen haben wir aber schon mit ihm.

Trainer: Na, wie geht´s dir?

Er: Den heutigen Tag gings schon ganz gut. Deshalb bin ich auch hier!

Trainer: Kommst von der Arbeit?

Er: Nein, arbeiten war ich noch nicht! Aber nach fünf Tagen ohne Training, ist es Zeit dass ich mal wieder hier bin.

Und ich dachte mein Kollege steht vor mir. Arbeiten gehen wir zwar nicht, aber trainieren geht schon. Das ganze noch als Kranker damit man gleich auch noch ein paar Menschen anstecken kann!

Ganz ehrlich, mit solch einer Grundhaltung komme ich einfach nicht klar. Wenn ich trainieren gehen kann, dann kann ich auch arbeiten gehen! Meine Meinung. Meine ganz persönliche Haltung zu dem Thema. Und auch wenn ich mittlerweile nicht meine ganze Woche der Arbeit beuge, würde ich nie auf die Idee kommen im Krankenstand ins Fitnessstudio zu fahren. Oder nach Oberösterreich auf einen Berg laufen wie es mein Kollege getan hat. Mal abgesehen davon, dass sie bei einem normalen Arbeitgeber, wenn der draufkommt, gleich auch mal den Job bei solchen Blödheiten verlieren können, finde ich es auch einfach nicht in Ordnung. Sie sind krank, bekommen ihr Gehalt trotzdem weiter, leisten nichts dafür, können aber Sport machen?

© Libellchen, 2019

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