Wenn ich meinem jüngeren Ich sagen könnte, wie sich mein Leben noch entwickelt hat, sie würde es nicht glauben. Es ist in den letzten 30 Jahren so vieles passiert, dass ich weder gewollt, noch geplant hatte.
Als ich noch ein Kind war, habe ich täglich mitbekommen wie mein Großvater total verbissen an seinem Traum festgehalten hat. Er war total fixiert darauf, seine Erlebnisse aufzuschreiben um sie mit der Welt zu teilen und reich und berühmt zu werden. Sein Lebenswerk war unvollständig, so lange er nicht alles veröffentlich habe. Also starb er mit einem unvollständigen Lebenswerk. Denn ganz ehrlich, seine Bücher waren über weite Stellen einfach nicht lesbar!
Ich kannte ja die Erzählungen von ihm, da klang das immer total spannend, doch als ich versuchte seine Manuskripte zu lesen, schlief ich ein dabei! Er verstieg sich immer wieder in Unterhandlungen und Unterhandlungen der Unterhandlungen. Man verlor den Faden und es war auch nicht spannend geschrieben. Eher in Form eines Tatsachenberichtes. Er hatte wohl noch nie etwas von einem Spannungsbogen gehört….
Was ihn für mich nicht zu einem weniger wertvollen Menschen gemacht hat, aber er selber maß seinen Wert an dem unvollständigen Buch/Bücher. Und weil da nix weiter ging, war er eben so verbissen. Und je mehr er sich verbiss, desto weniger ging weiter. Er wurde älter und noch verbissener, bis er schließlich als alter, bettlägriger, frustierter Mann verstarb. Ich schildere das so genau, weil es mich enorm geprägt hat. So wollte ich definitiv nie enden! Er hatte so vieles gesehen, erlebt, die Welt bereist und war doch so enorm unzufrieden mit seinem Leben.
Damals beschloss ich, mein Leben anders zu leben. Es dauert dann aber noch ein paar Jahre bis ich die Negativität die mir meine Großeltern mitgegeben hatten, abschütteln konnte. Und irgendwann schaffte ich es. Ich war einfach glücklich und zufrieden in meinem Leben. Und ich wollte einfach dass es so bleibt!
Und dann ging es los. Eine Chance nach der anderen tat sich auf. Menschen kamen auf mich zu, Veränderungen drängten sich auf und mein Leben wurde so viel bunter als ich es mir gedacht hatte. Alleine was die letzten zwei Wochen bei mir passiert ist, ist unglaublich. Kennt ihr dass wenn ihr in Urlaub fährt, irgendwohin wo es ganz anders ist als zu Hause und ihr ein paar Tage braucht um euch darauf einzustellen? Wie ihr gar nicht gleich alle Eindrücke verarbeiten könnt? Genauso geht es mir gerade mit den letzten zwei Wochen.
Und das alles nur, weil ich offen dafür war…. Weil ich locker, flockig, durch mein Leben gegangen bin und halt in die offenen Türen am Weg hineingeblickt habe. Und immer stieß ich auf Menschen die mich hereinwinkten und mir etwas unterbreiteten. Und ich griff zu. Beschloss mir die Sache einfach mal anzuschauen. Doch dabei blieb es nicht. Es wurde mir immer mehr unterbreitet…. Und wieder mal sitze ich da und frage mich „Wo wird das enden?“ und „Was würde mein jüngeres Ich dazu sagen?“ Gut, die würde mir kein Wort glauben, so viel ist klar!
Ich bin gerade enorm dankbar, dass sich mein Leben doch noch in so eine positive Richtung entwickelt hat. Das hätte ich mir niemals gedacht als ich einsam und alleine zu Hause saß und mich selbst bemitleidete!
© Libellchen, 2019
Also ich bin schon oft mit meinem inneren Kind zusammen gehockt und hab mir erzählt, was wir schon alles erreicht und geschaffen haben – und uns dann ein gemeinsames Eis gegönnt – besser noch, so irgendwelche Knöderl mit Früchten und Eis 😉
Je öfter ich das mache, desto mehr heilt auch mein inneres Kind – und desto besser geht es mir im hier und jetzt, weil sich viele der argen Schmerzen von damals relativieren – und wir sie gemeinsam aufarbeiten können – und sie auch was hat, worauf sie sich noch freuen kann – in ihrer Zukunft – es gibt ihr Hoffnung, dass es besser wird.