Früher habe ich oft gefragt ob wohl „Kümmerer“ auf meiner Stirn steht, da alles wo sich jemand kümmern musste, an mich herangetragen wurde.
Zwischenzeitlich bin ich davon ausgegangen, dass ich offenbar selbst „Schuld“ sei, da ich mich immer allen Dingen annehme. Was ich aber sukzessive zurückgefahren haben in den letzten Jahren. Mein großer Lehrmeister war dabei mein Bürokollege. Er hat ja immer versucht dass ich mich um etwas kümmere, was er dann als sein Ergebnis verkaufen konnte. Ich habe es mir also mittlerweile recht gut angewöhnt mich allem anzunehmen. Und auch Nein gehört mittlerweile in meinen Sprachschatz!
Als ich bei meinem Ehrenamt angefangen habe, habe ich klar auf die Rolle geachtet. Ich war für einen speziellen Dienst eingeteilt und wo anders konnte ich gar nicht helfen, da ich ja nicht mehr Ahnung hatte als alle anderen. Es fiel mir also recht leicht in der jeweiligen Rolle zu bleiben. Die Stellvertretung der Teamleitung habe ich auch ganz klar abgelehnt. Ich wollte es einfach nicht.
Ein einziges Mal in den letzten sechs Monaten hatte ich die Tagesleitung und an diesem Tag habe ich natürlich auch meine Rolle wahrgenommen. Ich habe mich aller Fragen angenommen, Entscheidungen getroffen, beim Heimgehen alles gecheckt, Müll entsorgt, Fenster geschlossen, Licht abgedreht und das Auto zurückgebracht.
In der darauffolgenden Woche war ich dann wieder „nur“ Registrierung. Tagesleitung war jemand anders. Ich kam kurz vorm Öffnen, fuhr den PC hoch und kümmerte mich um meine Arbeit. Irgendwann sprach mich dann ein Kollege an. Er wollte kurz mit mir abseits reden. Er fand das ein Regal im Weg stand und war der Meinung, dass wir das dort entfernen sollten. Ich sah ihn an und meinte nur „Und wieso erzählst du das mir? Sag das unserer Teamleiterin oder deren Chefin!“
Er: Na aber zumindest heute könnten wir es ja umstellen, oder?
Ich: Wenn du nur wegen heute fragst, solltest du das mit der Tagesleitung klären. Ich bin nur Registrierung!
Ich hatte keine Ahnung warum er damit zu mir kam. Ich habe nichts gemacht, was nicht zu meinem Aufgabengebiet gehört. Ich war in meiner Rolle geblieben und sah keine „Schuld“ bei mir. Ich hatte niemanden einen Anlass gegeben zu denken dass ich Tagesleitung wäre – abgesehen davon steht ja auch im Dienstplan wer es ist.
Gestern kam dann meine „Lieblingskollegin“ zu ihrem Dienst und „stellte“ mich vor versammelter Mannschaft zur Rede.
Sie: Ihr habt vorige Woche Brot in der Waschküche vergessen! Das hat total geschimmelt. Dabei spendierte sie mir einen vorwurfsvollen Blick.
Ich: Davon weiß ich nix, war vorige Woche nur Registrierung.
Sie: Aber die Chefin hat gesagt dass du da warst! (Was sie auch selber gewusst hat, da sie mir ja „geholfen“ hatte)
Ich: Ich war auch da. Als Registrierung. Und ich hatte weder was mit dem Brot zu tun, noch wusste ich das welches in der Waschküche steht.
Sie: Na aber als Chefin, hättest dich schon kümmern müssen.
Ich: Ich sags jetzt nochmal. ICH WAR REGISTRIERUNG. Ich war NICHT Tagesleitung! Also lass mich mit dem Brot in Ruhe! Jetzt bin ich AUFBEREITUNG und damit mache ich jetzt auch weiter.
Und plötzlich stand ich wieder da und fragte mich ob auf meiner Stirn Kümmerer steht. Doch diesmal war ich sicher nicht „selber Schuld“. Ich war in meiner jeweiligen Rolle geblieben und hatte dort mein bestes gegeben. Und nein, ich habe mich nicht um Dinge gekümmert die ausserhalb meines Aufgabengebietes liegen. Ich bin nicht suchen gegangen ob in der zugesperrten Waschküche ein Stück den Gang runter vielleicht was rumsteht, was man möglicherweise vergessen könnte….
Wobei natürlich mein Lieblingskollegin nicht umsonst den Titel geerbt hat. Sie ist ja nicht nur zu mir so, sondern zu allen. Ich für meinen Teil, wehre mich halt. Andere ignorieren oder meiden sie sogar. Eine Freundin von mir meinte dazu nur „Jetzt weißt du warum ich nicht öfter hier bin.“ Den Einschuler gestern, dürfte sie innerhalb von zwei Stunden verschreckt haben.
Als sie noch nicht da war, war er voll motiviert. Wir plauderten ein wenig, er hatte auch ein paar Verbesserungsideen aus einer anderen ähnlichen Stelle wo er Teamleiter ist und ich verwies ihn an unsere Chefin damit.
Nach zwei Stunden mit ihr alleine, war er sich gar nicht mehr sicher ob er bleiben wolle. Ich schätze da muss sich bald mal was ändern. Nur weil sie in der Bezirksstelle ein Urgestein ist, kann sie nicht tun und lassen was sie will. Auch sie muss sich an die Abläufe halten, was sie partout nicht will. Und so wie er nach zwei Stunden fertig war, dürfte sie noch viel mehr tun und lassen was sie will, als ich befürchtet hatte…..
Andererseits ist das nicht mein Problem. Ich bin ja, Gott sei Dank, nicht Chefin!
Was mir aber zu denken gibt ist, dass ich offenbar wirklich „Kümmerer auf der Stirn stehen habe“. Sprich, irgendetwas muss ich offenbar ausstrahlen, dass alle Probleme immer an mich herangetragen werden. Und wenn das so ist, dann muss ich mir überlegen, wie ich damit in Zukunft umgehe.
Ich kann auf jeden Fall aufhören mich darüber zu wundern. Offenbar habe ich da eine ganz spezielle Ausstrahlung. Ärgern brauche ich mich darüber dann auch nicht mehr. Bleibt nur kümmern oder nicht. Und das entscheide ich dann einfach anlassbezogen.
© Libellchen, 2019
Du bist eine starke, selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will – darum halten dich automatisch alle für die Chefin – also einfach – wie schon geschehen – sagen – bin nicht zuständig – dann merken sie sichs irgenwann auch 😉