Im Laufe des Lebens lernen wir – hoffentlich – was uns guttut. Und wenn wir das herausgefunden haben, dann bleiben wir dabei. Wir kreieren unseren Alltag damit. Wem die Sauna guttut, geht regelmäßig dorthin. Oder massieren. Oder ins Kino. Oder in die Disco…..
Es gibt aber auch Dinge die tun einem in einer gewissen Lebensphase gut, doch nicht unbedingt dauerhaft. Wenn es mir richtig schlecht geht, meine Seele schmerzt, dann will ich alleine sein. Will zu Hause auf der Couch meinen Tränen freien Lauf lassen. Will mich in aller Ruhe wieder zusammenklauben und keine Kraft darauf verwenden müssen „zu funktionieren“. Wenn ich keine Kraft mehr habe, brauche ich keine Menschen. Dann brauche ich Sonne, ein gutes Buch, Schlaf, eine spannende Serie, einen Waldspaziergang,… Menschen fordern mich dann eher, auch wenn sie das nicht tun. „Ich bin für dich da“ ist schön, aber nicht das was ich brauche wenn ich ganz am Boden bin. Da brauche ich einfach meine Ruhe.
Wenn es mir richtig schlecht geht, könnte ich mich bei Aretha oder meiner Mutter ausheulen. Sie wären auf jeden Fall für mich da. Doch so bin ich nicht. Wenn ich bei ihnen wäre, würde ich versuchen die Fassung zu wahren, die Lage zu analysieren und objektiv zu betrachten. Mich mit ihnen auszutauschen. Doch wenn es mir richtig schlecht geht, will ich zumindest kurz in Selbstmitleid versinken. Ich will auf die unfaire Situation sauer sein. Will jemand verfluchen, der es vielleicht gar nicht böse gemeint hat. Will jemand aus ganzem Herzen hassen dafür, dass er mich nicht will. Deshalb ziehe ich mich in schlechten Phasen zurück. Das liegt nicht an meinem Umfeld, sondern an mir.
Ich hatte viele schlechten Phasen in meinem Leben und irgendwann hat mein Gehirn offenbar abgespeichert – alleine zu Hause auf der Couch geht es dir gut!
Was wiederum dazu führte, dass ich Versuche mich von dort wegzulocken als anstrengend empfunden habe. Dabei war es meistens dann überhaupt nicht anstrengend. Ich bin mir nicht sicher ob meinem Umfeld bewusst ist, wie schwer mir manches Treffen manchmal fiel. Einfach weil ich gern zu Hause geblieben wäre. Weil ich nicht aus meiner Höhle wollte. Auch wenn mir die Person guttat und ich das eigentlich auch wusste. Soziale Kontakte zu pflegen war für mich eine Zeitlang ähnlich schwer, wie regelmäßig zum Training zu gehen. Es musste erstmal der Schweinehund überwunden werden, auch wenn ich eigentlich wusste, dass es mir guttut!
Schön langsam ändert sich das aber wieder. Beim Training und bei den sozialen Kontakten. Der Schweinehund beim Training ist im Moment irrelevant. Bei den sozialen Kontakten arbeite ich noch daran. Doch auch hier ändert sich derzeit momentan viel. Vor kurzem habe ich mit einem Kollegen und seiner Frau getroffen. Und ich gestehe, wäre er nicht der Bruder einer Abteilungsleiterin und wäre unser Ministerium nicht im Umbruch, hätte ich wahrscheinlich abgesagt! Ich wollte einfach nicht! Ich wollte nach Hause auf meine Couch. Nicht durch halb Wien gurken. Als ich mich dann auch noch verirrte – wie eigentlich eh immer, wenn ich wo hinwill, wo ich noch nie war – war mein Unmut auf dem Höhepunkt. Ich überlegte ernsthaft – 200 Meter von der Wohnung entfernt – umzudrehen und nach Hause zu fahren.
Ich ging trotzdem hin und war dann sehr froh darüber. Ich mag seine Frau wirklich sehr – wir haben uns erst da kennen gelernt – wir hatten Spaß zusammen und ich fühlte mich total wohl. Mir ging es danach richtig gut. Aber vorher wollte ich unter gar keinen Umständen hin….. Und da wurde mir bewusst, was sich da gerade in meinem Kopf abspielt. Nach dem Letzt-Ex habe ich mich wieder zurückgezogen und bin in mein altes Muster verfallen. Einigeln. Abschotten. Untertauchen.
Wie gesagt, meinem Umfeld ist es vielleicht gar nicht so aufgefallen, weil ich mich trotzdem immer wieder rausgezwungen habe. Wobei rauszwingen gar nicht nötig ist. Die Energieräuber habe ich ja alle bereits angebracht. In meinem jetzigen Umfeld sind nur Menschen die mir guttun. Sie zu treffen, sollte keine Überwindung für mich darstellen. Wie auch mein Training. Und trotzdem war es in beiden Fällen so. Für den Sport habe ich mir eine Motivationskarte geschrieben und ins Vorzimmer gestellt „Sport tut dir gut!“. Und mittlerweile fruchtet es. Bei den sozialen Kontakten geht es denke ich ohne das. Ich denke da reicht „Problem erkannt, Problem gebannt“. Ich muss mich nicht verkriechen und meine Wunden lecken. Es geht mir gut, alle Wunden sind verheilt. Also lasst uns was unternehmen!
© Libellchen, 2019