Werden wir genau so….?!

„Wer weiß, wie wir mal werden, wenn wir alt werden!“

Der Standardsatz meiner Arbeitskollegen, wenn sie sich über die Schrullen ihrer Eltern ausgelassen haben. „Wahrscheinlich werden wir genauso, wie sie.“

Nein, werde ich nicht! Das können sie mir noch so oft einreden wollen! Sollen sie es gerne für sich selbst glauben, ich bin nicht bereit dies als Option ins Auge zu fassen. Ich werde im Alter nicht wie meine Großmutter!

Warum Großmutter? Nun ja, es geht um die Person die einem großgezogen hat. Bei ihnen sind es die Eltern, bei mir halt die Großmutter. Dazu muss man sagen, dass sie ihre Eltern alle lieben. Ich habe meine Großmutter nicht geliebt. Nie. Ich habe sie respektiert, aber nie geliebt. Warum? Weil sie mir auch nie Liebe entgegengebracht hat. Sie hat mich nie in den Arm genommen. Nie auf meine Bedürfnisse geachtet. Mich normalerweise noch nicht mal richtig wahrgenommen. Ich lief zu Hause mit, war trainiert darauf unauffällig und ruhig zu sein. Mit ca. 12 Jahren begann ich mir vor ihr zu ekeln. Wenn sie mit ihren faltigen Händen und ihrer Spucke in meinem Gesicht herumgefahren ist, hätte ich kotzen können.

Mit 13 begann ich herauszufinden, dass sie öfter mal lügt und das verletzte mich. Wieso lügt mich meine Großmutter an? Ich begann im Haushalt zu helfen und wollte öfter mal über Probleme mit Mitschülern reden. Doch das interessierte sie nicht. Sie wollte über Opi reden. Über ihr schweres Leben. Ihre Schmerzen.

Mit ca. 14 fand ich heraus, dass sie nicht nur manchmal lügt, sondern eigentlich immer. Bei jedem. Über alles. Ihre Mitmenschen waren ihr zuwider. Alle wollten ihr böses. Waren gegen sie. Sie war das Opfer. Erhielt keinen Dank für alles was sie für ihre Mitmenschen geleistet hatte!

Mit 15 lernte ich ihre fiese Seite kennen. Als sie meinem Stiefvater unterstellte, dass er mich sexuell missbrauchen würde, wenn ich zu meiner Mutter und meinem Stiefvater ziehen würde – was übrigens ein ausgewachsener Blödsinn war! Sie versuchte mir damit Angst zu machen und mich zu halten. Doch ich hatte sie da schon durchschaut. Mein Glück war ihr doch scheißegal!

Mit 16 fand ich heraus, dass ich einen Onkel hatte. Ihren eigenen Sohn hatte sie vor mir verschwiegen. Mit ihm sprach sie insgesamt 40 Jahre kein Wort. Sie mied ihn. Genauso wie seine zwei Töchter und deren Kindern. Von denen erfuhr ich erst mit über 20.

Im Laufe des Lebens lernte ich, dass sie nicht nur eine Schwester hat, sondern – ich glaube 5 – und sogar einen Bruder.

Ich im Gegenteil, trage mein Herz eher auf der Zunge und muss mir oftmals darauf beißen um nicht den falschen Personen, zu viel von mir preiszugeben. Ich bin selbstreflektiert und kenne meine Schwächen. Omi hat weder über sich selbst nachgedacht, noch hatte sie Schwächen! Sie war eine tolle Frau die nur leider das Opfer der Umstände geworden war – ihre Eigendefinition! Sie war ein Familienmensch und verleugnete doch den Großteil ihrer Familie. Sie opferte sich für Opi ihr Lebtag auf und hielt ihm doch seine große Liebe – vor ihrer gemeinsamen Zeit – ihr Lebtag vor. Sie hielt sich für einen Löwen und war doch eine Jungfrau – ja, sie hat auch bezüglich ihres Sternzeichens gelogen. Sie bewirtet alle großzügig, aber wehe jemand nahm das Angebot an und griff ordentlich zu! Sie lachte jedem ins Gesicht und zog hinter seinem/ihrem Rücken über ALLE her – meine Mutter und mich eingeschlossen. Wenn ich jemand mag, dann weiß die Person das. Und wenn ich sie nicht mag, dann weiß sie das auch! Ich kann mich nicht verstellen und bin eine ganz miese Lügnerin.

Ich wüsste echt nicht, wie ich jemals so werden könnte wie sie war…..

Ich weiß schon was meine Arbeitskollegen meinen. Sie meinen kleine Schrullen, die sie von ihren geliebten Eltern übernommen haben. Was sie nur nicht verstehen, wenn man in einem nicht liebevollen Umfeld aufwächst, gibt es da nichts was man behalten möchte – auch nicht unbewusst! Ich habe alles an dieser Frau, so lange ich denken kann, verachtet. Ihre ganze Art hat mich abgestoßen. Und seit 10 Jahre arbeite ich alles auf was sie mir an Negativität mitgegeben hat.

Ich weigere mich also zu glauben, dass ich im Alter so werde wie sie war. Und im Sinne der selbsterfüllenden Prophezeiung wird es bei meinen Kollegen schon so sein. Ich finde es aber denkunmöglich, dass ich jemals so werde wie sie.

Obwohl ich nicht bei meinen Eltern aufgewachsen bin, erkenne ich eher bei ihnen Schrullen, die ich auch mein Eigen nenne. Allerdings hat meine Mutter diese Schrullen auch nicht von meiner Großmutter. Die hat sie sich selbst zugelegt. Und ich habe sie mir offenbar von ihr abgeschaut. Damit kann ich allerdings ganz gut leben. Wenn aber nochmal ein Arbeitskollege meint mir einreden zu müssen, ich werde mal so wie Omi, laufe ich möglicherweise Amok…..

© Libellchen, 2019

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