Vielleicht liegt es auch einfach nur daran dass es jetzt wirklich Winter wird – die Jahreszeit die ich persönlich gar nicht brauche. Doch ich glaube es ist mehr. Das heurige Jahr war lange und sehr herausfordernd. Dienstlich lief eigentlich alles glatt, doch persönlich wurde ich heuer enorm gefordert. Und zwar auf eine neue Art. Liebeskummer und Kummer wegen der Familie kenne ich schon seit Jahrzehnten, damit kann ich mittlerweile ganz gut umgehen. Von Männern halte ich mich mittlerweile sowieso fern und wenn mich ein Familienmitglied mal wieder enttäuscht – und mir zeigt dass ich im Zweifelsfall, mich wirklich nur auf mich selber verlassen sollte – dann tut das zwar weh, ist aber kein neuer Schmerz. Und wenn ich ehrlich bin, will mir ja niemand absichtlich was tun, manchmal wird mir halt nur immer wieder vor den Latz geknallt, dass ich mich nicht so auf mein Umfeld verlassen kann, wie es andere Menschen von ihrer Familie gewohnt sind. Ist also eigentlich mein Problem dass ich mir da immer wieder mehr erwarte…. Mit vierzig Jahren sollte ich es wirklich schon wissen!
Erwartungen sind sowieso so ein Thema. Ganz ausschalten kann man sie nicht, doch damit setzt man sein Umfeld auch immer wieder unter Druck. Ich wurde ja dazu erzogen die Erwartungen anderer zu erfüllen. Was ich erst mit über 30 Jahren gelernt habe war, meine eigenen Erwartungen zu erfüllen! Ich muss sagen, meine Erwartungen erfülle ich, die meiner Mitmenschen offenbar nicht immer.
Meine Freundin S. hat mir letzten mal wieder was gesagt, was mich angetriggert hat. Seit dem Vorfall heuer, sei ich nicht mehr so „hart“. Gerade so als sei ich es vorher gewesen! Mein Leben lang habe ich damit gekämpft dass ich mir zu viele Dinge zu Herzen nehme. Das ich mir um alle und jeden Gedanke machen, mich von Energievampiren aussaugen lasse und dann kommt sie daher und meint, ich sei jetzt weniger hart! Und zwar nur weil ich jetzt nachvollziehen kann, wie es Menschen geht, deren Liebsten etwas zustößt.
Klar, ich kannte das Gefühl vorher nicht, einfach weil mir so etwas zuvor noch nicht passiert ist. Mir wurde also vorgeworfen, dass ich nicht so reagiert habe, wie sie es sich vielleicht gewünscht hätte. Dass was sie gerne von mir gehört hätte, konnte ich ihr aber nicht bieten, weil mir dazu einfach die Erfahrung fehlte. Ich habe also ihre Erwartungen damals nicht erfüllt. Ich war zwar für sie da. Sie konnte mir alles erzählen und ich hörte ihr auch zu und versuchte zu trösten, aber offenbar hatte ich nicht die richtigen Worte für sie. Und das hat sie mir offenbar übel genommen – sonst hätte sie mich ja nicht hart genannt.
Ich habe sie schon darauf aufmerksam gemacht, dass ich nicht etwas wissen kann, was ich noch nicht erlebt habe. Und ich kann ja schließlich nichts dafür dass ich nicht in einem liebevollem Umfeld aufgewachsen bin. Wie hätte ich wissen können, wie es sich anfühlt wenn einem geliebten Menschen etwas zustößt, wenn alle Menschen in meinem Umfeld denen etwas zugestoßen ist, mir entweder sowieso keine Liebe entgegen gebracht haben, oder ich sie kaum kannte?
Ich mag meine Freundin S., wirklich. Aber sie schließt immer von sich auf andere. Sie hatte eine liebevolle Kindheit, mit Eltern die sich um sie gekümmert haben und einer großen Schwester. Sie ist in einem sozialen Umfeld groß geworden und hatte immer ein Netz in das sie sich notfalls hätte fallen lassen können.
Ich habe mittlerweile auch ein Netz. Eines wo ich mich aber nicht blind reinfallen lassen würde…. Einfach weil mich mein Netz wahrscheinlich auffangen würde, aber nur wenn nicht gerade etwas anderes wichtiger ist. Das klingt hart, ist aber meine Realität. Mein Netz ist eher fragil und ich würde mich nur ungern darauf verlassen müssen. Zu viele Kleinigkeiten gab es in den letzten Jahren, wo mir immer wieder vor Augen geführt wurde, dass ich nun mal bei niemanden auf dieser Welt Priorität 1, 2 oder 3 bin. Ausser bei mir selber! Was ja eigentlich auch reicht. Man muss es halt wissen und entsprechend handeln. Sich nicht zu sehr auf andere verlassen und den eigenen Weg gehen.
Aber ich schweife ab. Oder auch nicht. Genau das macht mich nämlich auch müde. Diskussion ob ich jetzt zu hart oder sensibel sei für diese Welt… Aber nicht nur. Auch das Wetter macht mich müde und vor allem auch die Menschen. Manchmal verkrümel ich mich ganz gerne in meiner Wohnung und klinke mich aus. Doch dazu fehlt mir derzeit auch fast ein wenig die Zeit. Im Büro ist mein Arschloch-Kollege – da versuche ich mich den ganzen Tag von seiner Energie abzugrenzen. Meine Freundin S. die mich manchmal hart nennt und die Auswirkungen der Politik. Wenn du in einer Bundesbehörde arbeitest, dann kannst du die Politik nicht ausser acht lassen, da sie einfach bis zu dir durchschlägt. Dazu noch meine dienstliche immer noch ungeklärte Situation. Der beste Masseur beendet Ende des Jahres seinen Dienst. Und einer ganz lieben Person, geht es bei weitem noch nicht wieder so gut, wie gehofft. Tja, und dann ist da noch die restliche Welt und Menschheit. Klimaverschmutzung, Waldbrände, Kriege, Populisten, Machtspielchen und gaaaanz viel Negativität.
Natürlich gibt es auch viel schönes auf dieser Welt, doch das zu entdecken ist mir gerade zu mühsam. Ich wäre echt gerne ein Bär. Dann würde ich jetzt Winterschlaf halten und wieder rauskommen wenn im Frühling die ersten Blumen spriessen. Der Winter ist bei mir stimmungstechnisch definitiv angekommen! Leider!
© Libellchen, 2018
Deine Geschichte berührt mich sehr. Kopf hoch Libellchen.❤️
Ich bin etwas sprachlos. Ein Like wollte ich nicht einfach geben, da es sich sehr traurig anhört. Es ist schade, dass dich die Zeit gerade so runterzieht. Ich wünsche dir, dass es dir bald wieder besser geht. Ganz liebe Grüße
Danke dir. Die Jahreszeit macht mich immer fertig. Höhepunkt ist dann aber zu Weihnachten und Silvester. Wenn ich die zwei Tage überstanden habe, geht es dann wieder bergauf! Mal schauen, vielleicht finde ich etwas was mir diese Jahreszeit schöner macht….
Ich wünsche es dir ganz doll! Liebe Grüße