Das warum und wo ist ja bereits geklärt, ist aber auch immens wichtig. Normalerweise gehe ich auf Kurse in bekanntes Terrain um etwas zu lernen, vielleicht auch einfach mal abzuschalten und wenn ich etwas mitnehme ist es okay, wenn nicht ist es eigentlich auch egal…
Diesmal war alles ein wenig anders. Es war ein rein privater Kurs, am Wochenende und der Auslöser war ja auch ein anderer.
Aufgrund des Wetters freute ich mich auch eigentlich gar nicht drauf. Gegen 17 Uhr 30 war ich aber pünktlich vor Ort. Ich checkte mal ein und begutachtete mein Zimmer – was ja nicht lang dauerte.
Danach beschloss ich, mich gleich mal dem Ort zu stellen. Abendessen begann um 18 Uhr und ich wollte mir noch ein wenig die Beine vertreten. Ich ging rüber zum Sportplatz und umrundete den Häuserblock. Und natürlich kamen die ersten die Erinnerungen zurück und auch ein wenig ein mulmiges Gefühl. Das Wetter war aber zumindest gut zu mir. Die Luft war zwar sehr feucht, aber es regnete nicht.
Pünktlich zum Abendessen war ich retour. Ich kostete das gesunde Essen aus der Region und füllte meinen Magen. Danach packte mich aber wieder Unruhe und so beschloss ich mich dem Ort des Geschehens zu stellen. Ich hatte ein wenig Zeit, um 19 Uhr war die große Begrüßung und um 19 Uhr 30 war dann unser Kursbeginn. Schrems ist recht klein. Man kann zu Fuß also locker die wichtigen Orte erkunden, mir war am Freitag aber nur wichtig, mich dem Hotel zu stellen. Ich ging die fünf Minuten rauf zum Hauptplatz und stellte mich gegenüber dem Hotel auf die Strasse und blickte rüber.
Und ich fühlte gar nichts. Keine Panik, keine Unruhe, keine negative Gedanken. Es kamen zwar die Bilder von damals hoch, doch die zogen auch gleich wieder weiter. Ich wartete sicher 10 Minuten ob da noch was kommt, doch nein. Alles gut mit dem Hotel und mir. Auch im Ort selbst fühlte ich mich wohl. Da ich dort viel Zeit zu Fuß verbracht habe, kenne ich ihn ja recht gut und er gefällt mir immer noch! Ich schlenderte also wieder retour und wartete auf die große Begrüßung.
Die Seele das Hauses wies uns in alles ein. Wann es wo Essen gibt, dass wir vier Kurse waren, sie wies auch die anderen Kurse darauf hin, dass wir sehr schweigsam sein würden, sie legte uns den GEA Flohmarkt ans Herz und den Besuch des Zedernholzklos. Die Regeln waren schnell erklärt und dann hieß es für uns wieder warten. Um 19 Uhr 30 trafen wir uns mit unseren Kursleitern im Seminarraum.
Ich fand meinen Platz und fühlte gleich auch ein wenig Aufregung. Wir waren 39 Kursteilnehmer und hatten einiges vor uns. Begonnen haben wir dann erstmal damit im Kreis zu gehen. Rund um den Teppich, einfach gehen. Das war die einfachste Übung! Danach wurden uns die Kursregeln erklärt. Unter anderem das mit der Stille. Es wurde erwartet dass wir den ganzen Kurs hindurch nicht reden. Es gab keine gegenseitig Vorstellung. Wir hatten keine Ahnung wer da rechts und links neben uns saß und würden es auch bis zum letzten Tag nicht erfahren. Und wir lernten natürlich auch die Namaste-Poste – Hände in Brusthöhe zusammen halten und uns nach vorne beugen. Mit der Geste sollten wir den Raum betreten, aber auch uns immer wieder nach einer Sitzmediation bedanken. Und damit unterhielten wir uns auch mit den Angestellten in der Akademie. Anstatt eines Dankeschöns verbeugten wir uns und sie erwiderten die Verbeugung auch immer.
Danach kam das sitzen. Zazen um genau zu sein.
Im Zen gibt es mehrere Möglichkeiten richtig zu sitzen, die einzige die mein Körper überhaupt für möglich hielt war der „Schneidersitz“. Wobei es dabei darauf ankam dass beide Knie den Boden berühren! Das ging irgendwie nicht. Also die Decke über die Beinen gelegt, damit man nicht gleich sieht dass es sich eben nicht ausgeht… Zuerst probierte ich es ohne Polster, doch das ging gar nicht. Mit Polster ging es zwar eigentlich auch nicht, aber weniger nicht, als ohne…. Der Punkt ist, ich wollte schummeln, aber das geht halt bei den alten Hasen auch nicht…. Auf die Idee sind sicher schon andere vor mir gekommen. Natürlich probierte ich es, aber es funktionierte halt nicht richtig. Und schon gar nicht ohne meine Zehen zu bewegen!
Zur Sitzhaltung kam dann natürlich auch noch die restliche Körperhaltung. Rücken gerade, Kopf gerade aus, Blick auf den Boden – die Augen offen und nicht einen Punkt fixieren – Kinn leicht nach innen gewölbt, die linke Hand liegt vor dem Bauch in der rechten Hand, die Daumen berühren sich an der Spitze ganz leicht, so als würde noch ein Seidenpapier dazwischen passen….Das schlimmste daran waren die offenen Augen. Ich hätte meine am liebsten zugemacht und habe es auch ein paar Mal getan….
3×25 Minuten verbrachten wir in dieser Sitzunghaltung und dazwischen sind wir immer gegangen. Auch den langsamen Gang haben wir dabei gelernt – eine Gleichgewichtsübung die ich lieben gelernt habe in den drei Tagen! Man steht mit beiden Beinen auf dem Boden, die Hände sind hinter dem Rücken verschränkt, wenn man im Gleichgewicht ist hebt man das eine Bein, bringt es ganz langsam vor den Körper und setzt den Fuß wieder auf, danach verlagert man das Gewicht des Körpers und macht dasselbe mit dem anderen Fuß. Das wichtige dabei, man macht das alles gaaaaaaanz langsam. Ohne Gleichgewicht geht das natürlich nicht. Nicht wirklich überrascht hat mich dass dies alle Anwesenden problemlos geschafft haben. Ich denke niemand geht auf so einen Kurs der nicht schon auf der Suche nach seiner inneren Mitte ist oder sie schon gefunden hat…..
Nach den zwei Stunden am Abend war ich schon recht müde. Der Tag war lang. Und da wir sowieso in Stille waren erwartete auch niemand dass wir uns mit anderen trafen! Ich hatte ein Seminar erwischt wo es sozial erwartet wurde dass wir uns abseits halten und zurück ziehen! Wie geil ist dass denn? Meine Bad-Kollegin war übrigens nicht in meinem Kurs was das Ganze enorm erleichtert hat. Sie hatte nämlich einen anderen Tagesrythmus wie ich. Als sie aufs Zimmer kam, lag ich schon im Bett und als ich frühmorgens zur Morgenmediation aufbrach, schlummerte sie noch in ihrem Bettchen. So war ein absprechen nicht nötig und wir begegneten uns auch erst am letzten Tag!
Normalerweise schlafe ich in fremden Betten am besten mit meinem I-Pod ein, ich beschloss aber mich der Stille hinzugeben und mich an die Kursregeln zu halten. Das war natürlich ungewohnt, aber ich bekam trotzdem ein wenig Schlaf ab. Wenn auch nicht viel, da wir am Samstag bereits um 7 Uhr wieder im Seminarraum erwartet wurden.
© Libellchen, 2018