Ist die Suche nach einem glücklichen Leben gut für die Gesellschaft oder einfach nur Egoismus pur? Ich habe in letzter Zeit Argumente für und wider gehört und konnte sie auch nachvollziehen.
Ich kenne es wie es ist wenn man in der Dunkelheit lebt. Nicht mal die Hälfte meines Lebens fühle ich mich glücklich. Sehr lange war ich einsam, unglücklich, wurde gemobbt, ausgegrenzt und fühlte mich ungeliebt. Doch ich habe funktioniert. Habe meinen Job sorgfältig erledigt und meinen Beitrag geleistet. Dafür wurde ich entlohnt und habe das eingenommene Geld ausgegeben und damit die Wirtschaft gestärkt. Ich war ein brav funktionierendes Mitglied dieser Gesellschaft, bis ich es nicht mehr schaffte zu funktionieren.
Meine persönliche Erfahrung ist, wenn es einem nicht gut geht. Die Seele weint. Das Herz leidet. Man keine Freude am Leben hat und keinen Sinn an seiner Existenz erkennen kann, dann mag man eine zeitlang sich ganz gut einfügen und funktionieren, aber auf Dauer schaffte ich es nicht. Mit knapp über dreissig fiel mein persönlich geschaffenes Konstrukt zusammen. Danach konnte ich nicht mehr so weiter machen. Ich konnte meinen Beitrag nicht mehr leisten. Ich war nämlich zu sehr mit meinem Leid der ersten dreissig Jahre beschäftigt.
Damals lernte ich, total egoistisch, auf mich selbst zu schauen. Hatte ich dreissig Jahre nur darauf geachtet alle anderen glücklich zu machen, nahm ich damals das erste Mal Rücksicht auf mich selber und meine Bedürfnisse. Und ich fand Gefallen daran. Der Egoismus war zwar schwer für mich zu leben – alle anderen erwarteten weiterhin meine Aufopferung – doch Schritt für Schritt lernte ich mich selbst glücklich zu machen. Und der Weg führte definitiv über Selbstreflektion. Ich besah mir jeden Schmerz und hinterfragte wo er herkommt. So konnte ich die Probleme langsam auflösen.
Natürlich war ich die letzten acht Jahre viel mit meinem Inneren beschäftigt. Das war ich aber davor auch. Nur habe ich davor nichts gelöst. Ich habe meine Probleme jahrelang im Kreis gewälzt, habe allen möglichen Menschen die Schuld an meinem Leid gegeben, habe schlechte Laune verbreitet und konnte jährlich weniger für andere da sein, einfach weil ich keine Kraft mehr hatte.
Heute geht es mir gut. Ich kann dadurch auch für andere da sein und ich bin fest davon überzeugt, würden sich alle Menschen mehr darum kümmern dass sie ein glückliches Leben führen, dann gäbe es weit weniger Konflikte auf dieser Welt. Von daher finde ich es nicht als reinen Egoismus wenn sich jemand um seine eigenen Probleme kümmert und sie löst. Im Gegenteil. Ich finde Menschen die mit sich selbst im reinen sind, sind wertvolle Mitglieder dieser Gesellschaft. Einfach weil sie positive Energie an die Welt abgeben, weil sie für andere da sein können, weil sie Konflikte nicht schüren sondern versuchen sie zu lösen. Die in ihrem Inneren und die in der Welt.
Achja, ich leiste übrigens immer noch meinen Beitrag. Ich funktioniere zwar nicht mehr nur, sondern lebe, aber das hat keine Auswirkungen auf meine Arbeitsleistung. Naja, vielleicht ein wenig, weil ich weniger verbissen bin, weil ich mittlerweile auch noch anderes in meinem Leben habe als die Arbeit. Unter Strich kommt aber dasselbe raus. Der Weg dorthin ist nur entspannter – für mich und meine Umwelt.
Natürlich kann man alles im Leben exzessiv betreiben. Auch mit der Selbstreflektion kann man übertreiben. Eine zeitlang war ich damit wirklich viel beschäftigt, ich musste erstmal eine gediegene Basis schaffen. Auf der kann ich jetzt aber auch aufbauen. Wenn jetzt was aufpoppt worüber ich mir den Kopf zerbrechen sollte, dann geht es recht schnell.
Möglicherweise gibt es auch Menschen die das gar nicht brauchen – wobei manche es schon brauchen würden, aber es einfach noch nicht erkennen – doch für mich war es vor acht Jahren extrem wichtig es zu lernen.
Auf den ersten Blick kommt es wirklich wie Egoismus pur daher. Menschen denken über sich selbst nach und versuchen ihre Probleme zu lösen. Unterm Strich würde ich mir aber wünschen dass es sehr viel mehr glückliche Menschen gäbe auf dieser Welt. Positive Energie und mehr friedliche Menschen könnte die Welt definitiv gebrauchen!
© Libellchen, 2018
Du bist sicher nicht egoistisch. Das mit der Selbstreflektion finde ich gut, aber auch schwer umzusetzen, zumindest für mich. Man müsste manchmal in die Haut anderer Menschen schlüpfen können, um zu erkennen, wer man eigentlich ist und was man ausstrahlt, positiv wie negativ. Ich hatte meinen Einbruch mit 25. Musste mir helfen lassen. Es war mir peinlich. Ich bin weiterhin zur Arbeit gegangen und habe versucht mir nichts anmerken zu lassen.
Dabei kostet das „sich nichts anmerken lassen“ soooo viel Kraft die man für anderes brauchen könnte! Aber gut dass du dir Hilfe gesucht hast. Ich finde dazu gehört viel Stärke, peinlich muss einem das nicht sein!
Vielen Dank! Vielleicht gehören diese Krisen einfach zum Leben dazu. Nach dem Tief kommt irgendwann ein Hoch und umgekehrt.