Man sagt ja, dass man auf Facebook in einer Filterblase lebt. Leider ist das nicht so….
Immer wieder lese ich Kommentare von Menschen die mir im echten Leben nie begegnet wären…
Ich habe mal überlegt wie das war, bevor es Internet gab. Da lebte ich in einem kleinen Ort, relativ weit weg von der nächsten Stadt. Ich sah immer dieselben Menschen und wir alle lebten in unserer kleinen Ortsblase! Es gab die gruseligen Typen denen man aus dem Weg gegangen ist, genauso wie den radikalen Typen. Man mied die Orte an denen sie abhangen und kam somit ganz gut durchs Leben.
Heutzutage lese ich einen Beitrag von einer Zeitung und schon springt mich ein Kommentar an, wo ich wieder da sitze und mir denke „Wie engstirnig kann man eigentlich sein?“ oder ähnliches.
In Wien gab es vor kurzem eine Messerstecherei. Eine Familie war zur falschen Zeit am falschen Ort und wurde angegriffen. Was wirklich eine Tragödie ist, aber ich kannte sie nicht. Ich nahm es also zur Kenntnis und hätte diese Information für mich persönlich auch als für mich nicht weiter relevant abgehakt, doch dann waren da noch zwei Ereignisse in Facebook. Einer Nachbarin – welche ich nicht kenne – hat in unserer Siedlungsgruppe den Zeitungsartikel geteilt und gemeint, wir sollen auf uns aufpassen. Die Tochter sei eine Freundin, ihrer Tochter.
Und ich saß da und dachte mir nur. Und? Ich bin deshalb nicht mehr betroffen, nur weil jemand den ich nicht kenne, aber in der selben Siedlung lebe, mit jemand verwandt ist, der die Opfer kannte…. Und wie soll man besser auf sich aufpassen? Das ist wie die Meldung meiner Freundin S. ich solle aufpassen dass ich nicht wieder einen Steinschlag bekomme…. Es gibt Dinge gegen die ist man einfach machtlos! Gut, die Nachbarin meinte es wahrscheinlich gut, fällt für mich aber in die Kategorie sinnlos. Ich kann ja ihre Betroffenheit verstehen, wenn ich die Opfer gekannt hätte, wäre ich auch betroffen, aber wenn, dann würde ich das mit meinem persönlichen Umfeld teilen, vielleicht auch hier, aber nicht in einer Gruppe wo es um Schneeräumung, entlaufene Katzen und Beschwerden bezüglich der Hausverwaltung geht.
Das Posting führte mir die Tragödie also nochmal vor Augen und ich fand das Posting irgendwie deplaziert, aber ihr war es offenbar ein Bedürfnis. Okay, dann soll sie es machen.
Doch dann kam mir eine Kommentar unter der mich wirklich verstörte. Jemand drückte sein Beileid aus und kommentierte dann mit #opfermetoo. Aufgrund seines Kommentars entnahm ich aber dass er eigentlich selber nie Opfer einer Messerstecherei war, sondern vielmehr sich von der Finanzbehörde verfolgt fühlte…. Also ehrlich jetzt! Da niemand auf den Hashtag reagiert fand ich ein paar Kommentare weiter unten nochmal den Versuch den Hashtag berühmt zu machen. Und ich saß da und dachte so bei mir „Wer macht sich selber zum Opfer?“ Eine Antwort konnte ich mir aber auch geben „Leider viel zu viele!“ In diesem Moment wünschte ich mir meine Dorfblase zurück. Die schirmte mich vor solchen Menschen weit besser ab, als es die Facebookblase kann!
Gerade in letzter Zeit kommen mir vermehrt Kommentare unter die ich aber auch nicht erwidern will. Mir reichen schon die komischen Menschen im echten Leben, die Internettrolle brauche ich nicht auch noch! Hier konnte man übrigens die längste Zeit kommentieren wenn man meint mich angreifen zu müssen. Kritik ist okay, aber bitte trotzdem höflich und nicht abwertend. Niemand ist gezwungen hier zu lesen, wenn es jemand also nicht passt wie ich bin und wer ich bin, dann ziehe hin in Frieden!
Zumindest hier am Blog kann ich mir meine Blase bauen mit Menschen die vernünftigen, anregenden Input geben!
© Libellchen, 2018
Sehr gut wiedergegeben! Deshalb bin ich nicht mehr auf Facebook. Ich erfuhr da Dinge von Leuten, die wollte ich nicht wissen. In der Bloggerwelt ist das anders. Auch die größere Anonymität hilft da sehr.