Es beschäftigt mich schon seit ich meinen Bürokollegen kenne. Er ist oftmals viel weiser als ich. Auch wenn er im täglichen Leben oftmals total verpeilt ist…. Aber da wo ich noch das eigene Wohl im Auge habe, sieht er das große Ganze. Er steht über Dingen, die ich nicht so hinnehmen könnte. Es gab da schon einiges dieses Jahr, doch der letzte Fall war kurz vor Weihnachten.
Eine Kollegin hat etwas persönlich genommen, was weder böse gesagt, noch gemeint war. So weit, so normal. Doch sie hat sich da total reingesteigert und wurde dann – meiner Meinung nach – übergriffig. Sie ist weit über das Ziel hinausgeschossen. Hat sich Zugang zu etwas verschafft, was sie nichts angeht und es ihm dann vorgehalten.
Hätte sie das bei mir gemacht, hätte ich sie verbal niedergebügelt! Doch was sagt er zu mir. „Na weißt du aufgrund ihrer Situation und weil bald Weihnachten ist, werde ich ihr das nochmal durchgehen lassen“ und ich sitze da und denke mir „Wie kann man da nur drüber stehen? Wie viel weiter ist er bloß….?“ Ja, ihre Situation ist nicht super. Ist aber meine auch nicht. Ja, es war damals kurz vor Weihnachten, aber dann soll sie nicht übergriffig sein. Ganz ehrlich. Leben und leben lassen, aber wenn jemand meinen „Tanzbereich“ verletzt, dann muss er oder sie auch das Echo vertragen.
Doch ihn juckt es zwar – wir haben dann doch ein paar Stunden darüber geredet – aber er konnte sich bei ihr beherrschen. Das hätte ich sicher nicht gekonnt! Und dann fiel mir wieder ein Gespräch von Anfang November ein. Ich wurde mal wieder aufmerksam gemacht auf die Entwicklungsstufen nach Graves. Ich hatte es damals wahr genommen und wieder vergessen. Doch dann kam mein Kollege mit seinem „drüber stehen“ daher und ich versuchte es zu finden. Und wo fand ich es im Internet, bei genau der Person mit der ich gesprochen hatte. Hätte ich vielleicht doch einfach nachfragen sollen…. Aber egal. Ich habs gefunden:
Stufe 1: In der Stufe geht es vor allem ums Überleben und sonstige primäre Bedürfnisse. Da befinden sich Neugeborene.
Stufe 2: Hier ist Familienzugehörigkeit das Thema. Die Umgebung wird erstmal bewusst wahrgenommen. Mein erstes Jahrzehnt deckte Stufe 1 + 2 ab.
Stufe 3: Das ist die egozentrische Phase. Es geht darum dass man sich als Mittelpunkt der Welt fühlt. Oftmals die Pubertät. Da sind wir schon in meinem zweiten Jahrzehnt angekommen.
Stufe 4: Ist geprägt von einem schwarz-weiß denken, es gibt nur gut und böse und oftmals verharrt man auf einem Standpunkt. Auch diese Phase kenne ich sehr gut! Ende zweites, Anfang drittes Jahrzehnt. Hier steckt der süße Typ und meine Freundin S. fest.
Stufe 5: Materialistische Phase. Mein drittes Jahrzehnt und ich denke die Stufe wo der Planer-Ex gerade verhaftet ist….
Stufe 6: Persönliche Phase. Die beruflichen Ziele sind erreicht, das „wir“ rückt in den Vordergrund. Zwischenmenschliche Beziehungen und soziales Engagement wird wichtiger. Anfang meines vierten Jahrzehntes.
Stufe 7: Systemische Phase. Geprägt von zusammenhängendem Denken. Das Erkennen von systemischen Zusammenhängen. Die zweite Hälfte meines vierten Jahrzehntes. Der IST-Stand sozusagen und auch der von Aretha würde ich meinen, wobei die vielleicht auch schon weiter ist…..
Stufe 8: Holistische Phase. Als ich das las musste ich lachen. Meine TaoWin Bekannte bietet auch holistic pulsing an… Ich schätze mal, ich weiß, wo sie gerade so steht…. Es geht dabei ums ganzheitliche Denken unter Einbeziehung einer generellen Einheit. Da vermute ich auch gerade meinen Kollegen (und meinen Masseur). Der nimmt sich öfter mal zurück im Namen des großen und ganzen, wo ich an seiner Stelle nicht so generös wäre….
Stufe 9: Transpersonelle Phase. Es geht nicht mehr ums Individuum sondern um die Erkenntnisse jenseits der Erfahrungen einzelner Personen. Gut, das verstehe ich jetzt mal gar nicht. Ist aber auch klar, mir fehlt dazwischen noch mindestens eine Stufe….
Was ich damit klar machen will oder besser gesagt mir klar wurde. Ich bin schon recht weit, da ginge aber noch was…. Was mir auch wieder sehr klar wurde, andere Menschen stehen an anderen Stellen. Manche können mich fördern – wenn sie weiter sind – andere können mich bremsen, wenn sie versuchen mich zurück zu ziehen auf ihre Stufe – was sowieso nicht funktioniert. Wenn man weiter aufsteigt, kann man Menschen auf „niedrigeren“ Stufen verstehen, weil man da auch schon war. Umgekehrt wird es schwierig. Merke ich gerade mit Freundin S. und dem süßem Typen. Die können mir manchmal einfach nicht folgen. Was nicht böse gemeint ist. Als ich auf der Stufe stand, konnte ich Menschen die das anders sahen auch nicht folgen…. Der überwiegende Teil der erwachsenen Menschen bewegt sich übrigens angeblich zwischen Stufe 3 und 6. Ich habe es zwar nicht überprüft, gefühlsmäßig könnte das aber definitiv stimmen!
Das ist übrigens weder gut noch schlecht. Es ist wie es ist. Jeder hat eine andere Aufgabe im Leben und andere Vorgaben. Meine Freundin S. tut sich manchmal schwer mit meiner Selbstreflektion. Ich denke zu viel nach – ihrer Meinung nach. Andere haben mir schon vorgeworfen mich zu sehr verändert zu haben. Jeder der die letzten Wochen meinen Blog verfolgt hat weiß, dass dies nichts schlechtes ist. Da wo ich gefühlsmäßig herkomme, habe ich es mir sehr verbessert durch meine Selbstreflektion! Doch jemand der keine Ahnung – und auch keine Notwendigkeit – für Selbstreflektion hat oder sieht, der kann das natürlich nicht verstehen. Wenn mein Leben auf Stufe 4 gut gewesen wäre, hätte ich mich sicher auch nicht freiwillig weiter entwickelt….
Was ich aus dem Beitrag auch nicht herausgelesen habe, was ist denn eigentlich das Ziel? Eine bestimmte Stufe? Ein glückliches Leben? Vielleicht muss das jeder für sich entscheiden. Ich für meine Teil wollte mich nicht persönlich entwickeln. Ich wollte eigentlich nur ein glückliches Leben. Aber vielleicht musste ich mich dafür entwickeln….Vielleicht geht es auch noch weiter… Vielleicht aber auch nicht…
© Libellchen, 2018