Omis Leben war genau das Leben was ich tunlichst vermeiden wollte! Sie war nur am arbeiten. Hat sich nur aufgeopfert und keinen Dank dafür erhalten. War finanziell von Opi abhängig und somit gefangen in ihrer kleinen Welt. Dass diese Welt genau das war, was sie eigentlich wollte, habe ich lange nicht durchschaut. Sie war die geborene Märyrerin, die darin aufging sich für das Wohl anderer zurück zu nehmen… Ihr ganzes Leben bestand darin, Opi das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Er war ihr Held und der Mittelpunkt ihres Universums. Für ihn und durch ihn, konnte sie Opferrolle über Jahrzehnte geben!
Für mich waren die ewigen Streitereien fürchterlich. Das andauernde Hickhack. Das ständige unter dem eigenen Leben leiden. Die Ausweglosigkeit aus der Situation. Das sich selbst nichts leisten können. Nur immer alles für andere tun, nie etwas für sich selbst. Ich habe es verabscheut und total verinnerlicht! Ich werde nie vergessen als ich mit ca. 28 Jahren mir das erste Mal etwas gönnte, was nicht notwendig war. Aretha war damals sehr stolz auf mich. Zuvor waren alle Anschaffungen in meinem Leben vernünftig gewesen….
Was ich an meiner Großmutter auch nicht mochte – schon als Kind hat mich das Verhalten irritiert – wenn der Besuch gegangen war und sie plötzlich über die Menschen herzog, denen sie zuvor stundenlang ins Gesicht gelacht hatte. Für mich als Kind war es schwierig herauszufinden wie ich mich meinen Mitmenschen gegenüber verhalten sollte. Die Nachbarin, das Flittchen, die dauernd Partys feiert mit ihren 60 Jahren, wurde bei persönlichem Kontakt plötzlich angesäuselt. Der Mann der Cousine wurde ganz normal willkommen geheissen, doch sobald er bei der Tür draußen war, gab es kein Halten mehr wie schlecht und der Cousine nicht würdig er doch war…. Diese Liste ließe sich ewig fortsetzen, doch sie machte auch vor der eigenen Familie keinen Halt. Mama war immer willkommen, doch sobald sie bei der Tür draußen war, wurde beredet was in ihrem Leben nicht alles schlecht lief. Ins Gesicht haben sie es ihr, meiner Erinnerung nach, aber nie gesagt….
Was noch…. Es gab da etwas. Das war aber für mich als Kind nicht greifbar. Erst im Laufe der Jahre bin ich draufgekommen. Omi hat Familienmitglieder, die es sich mit ihr verscherzt hatten, einfach totgeschwiegen… Dabei reden wir von einem Sohn, seinen Töchtern und ca. sechs Geschwistern. Die genaue Anzahl ihrer Geschwister weiß ich heute noch nicht…..
Was also sollte ich von ihr lernen? Vergebung. Dazu war sie nämlich nie fähig. Aufrichtigkeit. Das ewige Hinterhältige und die ständige Lügerei haben sie immer weiter von mir weggetrieben. Und dann natürlich das Märtyrertum. Niemand ist es wert, dass man sich selbst verleugnet. Wie gesagt, sie war damit glücklich. Für mich ist das eine grausige Vorstellung. Das eigene Leben über sein Leid zu definieren….. Vielleicht bin ich deshalb so verbissen auf der Suche nach meinem eigenen Glück….Für mich liegt der Sinn des Lebens definitiv nicht in der Selbstaufgabe….
Ich hoffe du hast einen Platz gefunden. Ruhe in Frieden Omi!
© Libellchen, 2017