Puh. Das war schwieriger als gedacht. Vor allem es einzugrenzen auf meine jungen Jahre. Mit meiner Mutter bin ich ja bereits einen sehr weiten Weg gegangen und wir beide haben uns im Laufe der Jahre auch extrem weiterentwickelt, aber es gab auch den Anfang….
Und auf den sollte ich mich laut Buch auch konzentrieren. Als kleines Mädchen habe ich meine Mutter angebetet! Ich fand sie toll, wenn sie bei uns reinschneite mit ihrem Selbstbewusstsein. Ihr dynamisches Auftreten, das genaue Gegenteil von den Grosis. Sie ging arbeiten, hatte soziale Kontakte, war frei und dann irgendwann in einer Beziehung und Ehe. Sie hatte eine tolle Wohnung, viele Freunde. Ihr Leben wirkte perfekt auf mich. Nur ich passte nicht rein…. Ich weiß noch, wie ich zu Hause saß und auf Mama wartete, die dann doch nicht kam…. Wie sie gleich wieder ging, wo sie doch gerade erst gekommen war….
Was für mich heute schwierig ist auseinanderzuhalten ist, was ich gefühlt habe und was mir meine Grosis eingeredet hatten… Ich weiß, dass ich gerne mehr Zeit mit ihr verbracht hätte. Ich weiß, dass ich mir gewünscht hätte, wenn das Kinderzimmer kein Büro geworden wäre, sondern sie mich zu sich genommen hätte. Ich wollte bei meiner Mutter sein, doch sie wollte das offenbar nicht….Ich fühlte mich zurückgesetzt und nicht geliebt – was mich auch sehr lange begleitet hatte. Immer wenn mich ein Mann verlassen hatte, kam sofort in mir hoch „Wie soll er mich auch lieben, wenn mich nicht mal meine eigene Mutter liebt!“ Dass mich die Abwesenheit meiner Mutter mehr mitgenommen hat, als die meines Vaters ist glaube ich nicht nur evolutionär bedingt. Da spielte auch viel die Erziehung meiner Großeltern mit. Männer sind halt so. Mütter sollten anders sein.
Was mich damals wirklich bewegte war, wie sie mich bei den Grosis lassen konnte. Sie wusste ja wie sie waren. Warum sie mich nicht lieben würde. Und warum sie so verantwortungslos sei. Sie hat mich auf die Welt gebracht und mich dann abgeschoben – wobei das wieder eher Omis Worte waren…. Wie gesagt, die Trennung ist schwierig. Fakt ist aber. Die Zurückweisung der eigenen Mutter war nicht förderlich für mein Selbstwertgefühl. Ich wollte von ihr in den Arm genommen werden und sie ging los und traf sich mit Freunden. Ich wollte mit ihr Zeit verbringen und sie kam nicht. Ich wollte so werden wie sie und sie interessierte sich nicht für mich.
Was ich damals verbesserungswürdig fand war, dass sie sich hätte mehr um mich kümmern sollen. Sie hatte mich gezeugt und geboren, sie hätte auch die Verantwortung übernehmen müssen. Doch sie war egoistisch und schaute nur auf ihr Glück. Sie ging über Leichen und in diesem Fall waren meine Gefühle eine dieser Leichen. Und sie enthielt mir die Nähe vor die ich so dringend gebraucht hätte. Hat sie mich geliebt? Dann hätte sie es sagen oder mir zeigen sollen. Und schon sind wir bei meinen Lernaufgaben…
Wenn du jemand liebst, steh dazu. Sag es. Zeig es. Egoismus ist nichts schlechtes, aber mit Maß und Ziel. Deine Mitmenschen haben auch Gefühle. Achte darauf. Wenn man Menschen zu sehr verletzt, können sie einem vielleicht mal verzeihen, aber vergessen werden sie nicht. Jede deiner Handlungen hat Konsequenzen. Wenn du dich schwängern lässt und das Kind bekommst, bist du auch für das Wohl des Kindes verantwortlich! Und das für mich wahrscheinlich wichtigste – mache dein Selbstwertgefühl niemals von anderen Menschen abhängig! Auch nicht von deiner Familie!
Wie gesagt, wir sind beide nicht mehr der Mensch der wir mal waren. Doch auch ihr früheres Ich habe ich für etwas gebraucht. Wenn ich auch gerade den letzten Punkt immer noch nicht ganz umsetzen kann. Mein Selbstwertgefühl ist auch heute noch ein sehr sensibler Punkt….
Die Mama von heute ist ein anderer Mensch. Sie nimmt mich in den Arm. Sie hört mir zu wenn es mir schlecht geht und sie baut mit mir mein Selbstwertgefühl wieder auf, wenn jemand anderer es wieder ein wenig zerstört. Danke dafür Mama! Ich hab dich lieb!
© Libellchen, 2017