Ich muss sagen ich habe die Österreicher unterschätzt. Als voriges Wochenende die Hilfskräfte die Bahnhöfe besetzt haben um den Flüchtlingen zu helfen, war ich positiv überrascht von der Hilfsbereitschaft der Österreicher. Am Westbahnhof ist die Caritas im Einsatz, am Hauptbahnhof eine zusammengewürfelte selbst organisierte Gruppe, die mittlerweile ein Verein sind. Natürlich werden auch sie von der Caritas unterstützt. Vor allem wenn es um Notquartiere geht. Doch den täglichen Bedarf lösen sie anders. Sie posten auf Facebook – wo ich sie verfolge – und auf Twitter, was sie gerade brauchen. Wasser, Bananen, Brot, Jacken, Decken, Hosen, Kosmetiker, Helfer*innen, Dolmetscher*innen, aber auch Fahrer mit Autos die Dinge nach Nickelsdorf bringen oder holen. Und sie bekommen was sie brauchen. Gerade das fasziniert mich extrem!
Wenn sie schreiben wir brauche in der nächsten Stunde 10 Helfer*innen, haben sie innerhalb von 10 Minuten 20 Kommentare dass Leute auf dem Weg sind! Und das ist ganz egal ob solche Postings um 5 Uhr morgens, um 14 Uhr oder um 1 Uhr Nachts geschrieben werden! Die Leute kommen mit selbstgekochtem oder holen Wäsche um sie zu waschen. Sie geben Essen aus, kleiden die Durchreisenden neu ein, schenken den Kindern Stofftiere, eine Umarmung oder was auch immer sie brauchen. Vorigen Sonntagabend begann ich an dem System zu zweifeln. Klar am Wochenende ist das leicht. Da haben die meisten frei, doch wie wollen die das unter der Arbeitswoche schaffen?
Sie haben es geschafft! Das System funktioniert immer noch. Nur dass jetzt auch noch Wiesen dazugekommen ist und dass mehr Notquartiere gebraucht werden, da die ÖBB ihre Wartungsintervalle einschieben musste und nicht mehr so viele Sonderzüge nach Deutschland schicken konnte.
Natürlich ist mir klar, dass es für uns leicht ist zu helfen. Die wenigsten wollen schließlich bleiben. Da ist es leicht den guten Onkel oder die gute Tante zu geben. Wir geben ihnen Nahrung, Kleidung, ein Lächeln, Hoffnung und schicken sie weiter. Doch auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Ungarn macht es Österreich gerade recht leicht, den guten Onkel zu mimen. Ein wenig Menschlichkeit reicht zurzeit um sich viele Freunde zu machen. Denn eines ist klar. Die kleinen Knirpse denen wir jetzt Schuhe, eine warme Jacke oder ein Stofftier in die Hand drücken, sind die Zukunft! Sie werden irgendwann erwachsen. Und dann werden sie sich an ihre Flucht erinnern. An Tritte in Ungarn und an Bananen in Österreich.
Ich muss sagen diese Woche war ich mal wieder sehr stolz auf unser Land. Gerade auch jetzt im Wahlkampf in Wien, wo es eher ausländerfeindliche Plakate zu sehen gibt, ist es schön von den Wiener gezeigt zu bekommen, dass diese schöne Stadt auch eine andere Seite hat! Natürlich sind die Helfer nicht nur in Wien. Auch das Burgenland leistet derzeit übermenschliches. Durch Nickelsdorf reisen derzeit täglich mehr Menschen, als der Ort Einwohner hat. Umso schöner ist, dass es dort bisher zu keiner wirklichen Auseinandersetzung kam.
Natürlich wird das nicht ewig so weiter gehen können. Ohne EU-weite Lösung werden wir die Flüchtlingskrise nicht bewältigen können. Doch bis es so weit ist, zeigt Österreich Menschlichkeit und das ist gut so!
© Libellchen, 2015