Es gibt Themen die mich schon mein Leben lang begleiten, die ich aber auch nicht aufgeben will. Viele Dinge habe ich gelernt loszulassen, doch für manches muss man sich einfach einsetzen. Auch wenn klar ist, dass man nur in einem kleinen Bereich etwas verändern kann – was noch nicht mal sicher ist! Manche Themen sind nützlich für die Welt, manche nur für mein persönliches Seelenheil.
Das Thema dass mich am längsten beschäftigt ist (Un-)Gerechtigkeit. Schon als Kind hatte ich mit ungerechtem Verhalten ein Problem und das hat sich bis heute nicht geändert. Meine Großeltern liesen mir eine ganz spezielle Erziehung angedeihen, was sicherlich dazu beigetragen hatte, dass dies zu meinem Lebensthema wurde. Ich wurde immer ganz anders behandelt, als alle anderen Kinder von ihren Eltern und ich habe es einfach nicht verstanden. Als ich älter wurde, lernte ich dann den Grund kennen, doch das änderte nichts daran, dass ich mich lange Zeit ungerecht behandelt gefühlt hatte.
Auch in der Schule gab es überall Ungerechtigkeiten. Doch diesmal war ich eine theoretische Nutznießerin. Da ich so brav und folgsam erzogen worden war, war ich von vielen Lehrern der Liebling, was sie mir auch zeigten. Und was ich auch hätte ausnutzen können, hätte ich gewusst wie das geht… Doch so traf mich nur der Zorn der Mitschüler, ob meiner Stellung als Lieblingsstreberin. Damals lernte ich, dass auch der Bevorzugte es nicht immer schön hat.
Irgendwann entwickelte ich ein echtes Problem mit Ungerechtigkeiten. Ich versuchte immer alle gleich zu behandeln, was mir sicher auch nicht gelungen ist, aber ich habe es zumindest immer versucht. Andere waren da viel freizügiger mit der „Freunderlwirtschaft“, was mir immer ein wenig sauer aufstieß! Viel zu oft musste ich mit einem Protegekind zusammen arbeiten und dabei die gemachten Fehler ausbaden. Seit damals vertrete ich auch die Meinung, egal ob ich jemand mag oder nicht, ich beurteile nur die Arbeit!
Am schlimmsten traf mich mal eine Ungerechtigkeit im Freundeskreis. Eine meiner besten Freundinnen bat mich etwas zu unterlassen, da es ihr zu wehtun würde, wenn ich es tun würde. Da ich sie für eine Freundin hielt, hielt ich mich natürlich an ihre Bitte. Eine andere Freundin von ihr, hielt sich nicht daran und es hatte keinerlei Konsequenzen. Und das konnte ich dann nicht verstehen. Mir wurde mit dem Ende der Freundschaft gedroht, doch bei jemand anderem war das nicht der Fall? Nun, das war dann tatsächlich das Ende der Freundschaft, denn ich stellte sie zur Rede, warum für jede ihrer Freundinnen andere Regeln gelten würden. Natürlich beendete sie dann die Freundschaft zu mir, da ich ihr zu anstrengend geworden war.
Irgendwann landete ich dann im öffentlichen Dienst und lernte unsere Personalvertretung kennen. Ich kämpfte 8 Jahre gegen die Ungerechtigkeiten bei uns und lieferte mir dabei jeden Kampf, den ich nur finden konnte. Ich sehe einfach nicht ein, warum manche das System ausnutzen können, ohne dass sie Konsequenzen zu fürchten haben. Die kreative Zeitkartenführung hat bei uns teilweise extreme Auswüchse angenommen, doch wenn man etwas sagt, dann wird einem das sofort als Mobbing ausgelegt. Doch ganz ehrlich, mir ist das egal wer das ist, selbst wenn meine Lieblingsmitarbeiterin – so ich denn eine hätte – meinen würde bei der Zeitkarte zu lügen, würde ich ihr das genauso wenig durchgehen lassen, wie jedem anderen. Doch ich habe auch gelernt, dass diese Kämpfe nichts bringen, also halte ich mich mittlerweile raus, wenn es mal wieder hochkocht. Das einzige was ich in der Vergangenheit getan habe, ich habe die Unterschrift auf Anabels Zeitkarte verweigert, da sie zu offensichtlich gelogen hat. Unser Chef hat sie dann selbst unterschrieben. Somit sehe ich allerdings auch die Verantwortung bei ihm.
Witzigerweise kommen jetzt andere, die mich jahrelang alleine gegen Windmühlen kämpfen liesen, an und mokieren sich über die „Rosinenpicker“ in den eigenen Reihen. Und ich sitze nur da und lächle. Ich weiß, dass reden nichts bringt. Und auch wenn ich immer noch ein Verfechter von Gerechtigkeit bin, spare ich mir mittlerweile den Atem. So lange sich nicht etwas an der grundsätzlichen Haltung unserer Personalvertreter ändert, spare ich mir lieber meine Kraft. So wie ich meine Lebensthemen mittlerweile kennen gelernt habe, bin ich sicher, dass es wieder kommt. Es kommt immer wieder. Doch das ist auch gut so, schließlich wäre eine gerechtere Welt auch eine friedlichere Welt!
© Libellchen, 2015