Am 10. 10. war es heuer wieder mal so weit in Österreich. Ab diesem Tag arbeiten Vollzeitbeschäftigte Frauen in Österreich gratis. Beim Equal Pay Day wird berechnet wieviel Prozent Frauen – bei gleicher Leistung – weniger verdienen als Männer und wie vielen Tagen im Jahr das entspricht. Wobei diese Berechnung in jedem Land unterschiedlich sein kann. In Österreich wurde er halt so berechnet, dass ab 10. 10. die Frauen in diesem Land gratis arbeiten. Was ich nicht herausgefunden habe, werden bei dieser Berechnung die öffentlich Bediensteten auch berücksichtigt? Denn wenn ja, dann verzerren wir diese Berechnung erheblich und der Tag war schon viel früher!
Ich befinde mich nämlich in der glücklichen Lage in einem Job zu arbeiten, wo Frauen nicht weniger bezahlt bekommen als Männer! Egal wer auf meinem Arbeitsplatz sitzt, jeder bekommt dasselbe bezahlt. Dies war einer der Dinge die mich damals am öffentlichen Dienst gereizt hatten. Ich war es einfach leid, dauernd weniger zu verdienen als die Männer, die ein ähnliches Aufgabengebiet hatten als ich. In meiner ersten Firma waren wir alles Sachbearbeiter mit einem eigenen Bereich. Ich war für Finanzen zuständig und ein Kollege für den Einkauf. Ich würde mal sagen, die Sorgfaltspflicht ist in beiden Bereichen wichtig, Arbeit hatten wir gleich viel – ich ein wenig mehr bei Monatsabschluss – und jeder von uns hatte noch einen Chef der die Verantwortung trug.
Als ich anfing verdiente ich den Kollektivvertraglichen Mindestlohn. Im Laufe der Jahre bekam ich dann aber Gehaltserhöhungen die höher waren, als die gesetzliche Lohnerhöhung erfordert hätte. Darüber freute ich mich sehr, allerdings nur bis ich erfuhr dass mein Kollege jedes Jahr eine doppelt so hohe Lohnerhöhung erhielt wie ich! Man muss dazu sagen, dass wir damals ein Paar waren und nur deshalb wusste ich überhaupt was er verdiente. In der Privatwirtschaft ist es nämlich nicht üblich zu wissen was jemand anderes jedes Monat bekommt – ganz anders dazu der öffentliche Dienst!
Das nagte damals schon ein wenig an meinem Ego, schließlich gab es bei meiner Arbeit keinen Grund zur Beschwerde. Ganz im Gegenteil ich bekam immer mehr und auch verantwortungsvollere Arbeit, doch mein Gehalt stieg einfach nicht gleich wie die Verantwortung. Doch ich war damals glücklich mit meiner Arbeit und meinen Kollegen und so „verkaufte“ ich mich unter Wert. Ein Phänomen wozu Frauen angeblich neigen. Also ich gehöre ganz sicher dazu. Viele Dinge sind mir wichtiger als Geld, von daher nehme ich dann auch weniger Geld in Kauf, obwohl mir im Vergleich mit anderen mehr zustehen würde.
Tja und jetzt bin ich seit 10 Jahren in einem System wo es Arbeitsplatzwertigkeiten gibt. Wenn man sich auf einen Arbeitsplatz bewirbt, kann man sich vorher ganz leicht informieren was man dann verdienen würde. Die Menschen wissen von ihren Kollegen ob sie gleich viel, mehr oder weniger verdienen. Anfangs fühlte ich mich damit unwohl – war es einfach nicht gewohnt – doch nach 1 oder 2 Jahren möchte man das auch gar nicht mehr anders haben. Es ist durchscheinend und niemand verbirgt etwas vor den anderen. Die Menschen reden ganz offen darüber welche Wertigkeit ihr Arbeitsplatz hat und niemand denkt sich etwas dabei. In der Privatwirtschaft war das noch anders. Als ich damals bei meinem Chef mehr Gehalt forderte, weil ich nicht einsah, dass ich weniger verdiente als mein Freund, war er nicht gerade erfreut darüber. Er wusste zwar dass wir zusammen waren – was ihn auch nicht störte – doch dass wir über unseren Verdienst geredet hatten, das störte ihn sehr wohl. Ich bekam trotzdem mehr Geld.
Nach unserer Trennung verdiente mein Kollege dann übrigens wieder mehr. Verstehe das wer will, ich verstand es damals nicht. Wie ich überhaupt nicht verstehe warum Frauen weniger verdienen als Männer! Ich finde das einfach ungerecht und bin froh in einem System zu arbeiten wo das nicht der Fall ist.
© Libellchen, 2014