Im Sonnenschein dem Grauen begegnet

Die letzten Wochen war das Wetter nicht sehr sonnig. Es war zwar hin und wieder warm, doch die Sonne ließ sich nur selten blicken. Doch wenn sie es tat, schnappte ich mir ein Buch und setzte mich auf den Balkon. Sonne tanken war das Ziel. Und Sonnenschein brauchte ich auch, dass er mich wärmte. Denn was ich in dem Buch las, lies mich frösteln. Es war eine Leihgabe. Da ich in letzter Zeit viel über den 2. Weltkrieg gelesen hatte, hatte es mir ein geschichtsinteressierter Freund ausgeliehen. Allerdings mit dem Hinweis versehen, „Das wirst du langsam lesen müssen.“

Für meine Verhältnisse hatte ich tatsächlich lange gebraucht für die 280 Seiten, andererseits hatte ich es auch ein wenig verschlungen. Nicht weil es so toll war was ich las, sondern so ehrlich. Es ist ein Buch geschrieben aus der Sicht eines deutschen Scharfschützen, der nichts am Hut hatte mit der Naziideologie. Der jedoch 1943 eingezogen wurde und an die Ostfront geschickt wurde. Dort lernte er zu kämpfen und zu überleben.

Diesen Überlebenskampf gegen die russischen Truppen schildert er so anschaulich, das einem beim Lesen das Mark gefriert. Bei ihm werden Menschen nicht einfach erschossen, nein er schildert genau wie die Wunden ausgesehen haben, wie die Menschen geschrien haben, das Leid, die Entbehrungen, die Angst, den Hunger, den ganzen echten Schrecken des Krieges. Töten oder getötet werden waren für ihn keine leere Floskel. Er hat es 2 Jahre tagtäglich erlebt.

Das Sterben von Kollegen, Freunden und Vorgesetzten. Genauso wie das sterben von Menschen die er selbst getötet hat, bzw. wo er zusehen musste und nicht helfen konnte, da er sonst selbst gestorben wäre. Er beschreibt dieses Leid so konkret und dabei ganz ohne Pathos.

Mitten im lesen – zirka bei der Hälfte – wurde mir bewusst, dass ich mit einem österreichischen Soldaten der deutschen Wehrmacht mitfieberte. Hoffte das er überleben möge – was sowieso klar war, da er ja die Geschichte erzählt – und bekam plötzlich ein schlechtes Gewissen. Darf man denn zu einem deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg halten? Ich schreibe bewusst nicht Nazi, da es darum nicht ging. Was Deutschland so alles angestellt hat, KZ, etc. war für ihn nicht wichtig – er hatte auch keine Ahnung davon. Für ihn ging es nur darum nicht zu verhungern, nicht erschossen zu werden oder an sonst etwas zu sterben. Und gerade deshalb finde ich das Buch gut. Es unterscheidet nicht zwischen den Völkern, diese Geschichte kann wahrscheinlich auch ein Russe schreiben, ein Amerikaner, ein Brite,…. Jedes Volk das Krieg geführt hat bzw. führt, hat Männer die solche Dinge erleben.

Das gibt einem einfach zu denken. Hier wird nicht beschönigt und vertuscht. Er sagt wie es war. Wie es sich angefühlt hat. Was sie selbst verbrochen haben und was der Feind. Nach 2 Wochen bin ich jetzt fertig und froh dass die Sonne noch scheint. Das Buch hat mich traurig gemacht. Traurig, wozu wir Menschen fähig sind. Wenn es ums überleben geht, aber auch einfach nur aus Rache. Ich werde jetzt die letzten Sonnenstrahlen genießen und mich darüber freuen, dass mir so ein Leid in meinem Leben erspart geblieben ist. Hoffentlich bleibt es so…..

© Libellchen, 2014

2 Kommentare zu “Im Sonnenschein dem Grauen begegnet

  1. Ja, man darf zu einem deutschen Soldaten halten. Denn die Geschichte, die du gelesen hast, kann allgemeiner gesehen werden, wie du es ja auch tust: Sie ist nur ein Beispiel für Millionen von Männern, die wie er auf dem Schlachtfeld kämpfen. Auf das Vaterland kommt es dabei nicht an. Nur auf die Empfindungen (oder ihr Absterben) der Kämpfenden.

    • Wenn man so eine extrem detailierte Schilderungen von Gewalt zwischen den Völkern liest, wundert es einen auch nicht mehr, wie es zu regelrechten Gewaltsspiralen kommen kann. In dem Buch kommen vor allem die Russen schlecht weg, allerdings weiß ich auch dass sich die Russen da schon an den Gräultaten der Deutschen gerächt haben… Einer fängt an und raus kommt viel Tod und Verzweiflung und wir Menschen wiederholen die Geschichte immer und immer wieder, überall auf der Welt! Traurig dass wir so wenig aus der Geschichte gelernt haben… 😦

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