Doch bisher hatte ich weder die Kraft, noch die Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Es war so vieles passiert in den letzten Monaten. Ich hatte hin und wieder das Gefühl, mein eigenes Leben würde mich überrunden. Ich hatte versucht mich auf das wesentliche zu konzentrieren. Meine Mutter hatte mir, Gott sei Dank, den Rest abgenommen. Und gemeinsam hatten wir einiges geschafft. Ich hatte meinen Job gekündigt. Mein Buch war ein Bestseller in 30 Ländern und gerade dabei den amerikanischen Markt zu erobern. Und das Filmprojekt hatte genug abgeworfen um meine Wohnsituation zu verändern. Die Eigentumswohnung war verkauft, der Kredit war getilgt und ich hatte mir ein Haus im Grünen angeschafft.
Das Grundstück hat 4.000 m² und liegt nur 20 Minuten von Wien entfernt. Das Haus ist 4-geschoßig, mit jeweils 90 m² Wohnfläche. Im Keller haben wir ein Kellerstüberl eingerichtet und ein kleines Fitnessstudio. Im Erdgeschoß wohnt meine Mutter. Im Obergeschoß bin ich mit Cammy zu Hause und das Dachgeschoß ist für Gäste hergerichtet bzw. kann später Cammy, wenn sie größer ist, dort ihren eigenen Bereich haben. Mein erstes eigenes Haus. Es ist richtig schön verschnörkelt mit lauter unnötigen Erkern, die mir aber sehr gut gefallen haben. Von der Straße her gibt es eine kleine, unauffällige Zufahrt und hinter dem Haus haben wir eine uneinsehbare Terrasse. Dahinter hat meine Mutter, mit ihrem grünen Daume einen bunten Garten geschaffen, der direkt in den Wald über geht. Es war schön grün und friedlich hier und wir genossen die Abgeschiedenheit. Ich war froh meine Mutter zu haben, alleine hätte ich mich hier mit einem Kleinkind wahrscheinlich nicht wohnen getraut. Andererseits wäre ohne sie, das Haus auch nicht fertig geworden. Denn während ich mich den ganzen Tag lang übergeben hatte, hatte sie dafür gesorgt, dass das Haus nach unseren Vorstellungen eingerichtet wurde.
Einen Monat vor Cammy´s Geburt waren wir eingezogen, wobei ich nur eine Woche hier war, bevor ich wieder ins Krankenhaus musste. Die letzten 3 Wochen vor der Geburt, verbrachte ich liegend im Krankenhaus. Ich hatte schreckliche Angst meine Kleine doch noch zu verlieren. Doch meine Angst war unbegründet. Sie war eine Kämpferin. Und so kämpfte ich um das Leben meines Baby´s und meine Mutter erschuf unser Nest.
Einleben konnte ich mich also erst nach der Geburt. Doch das fiel mir nicht sehr schwer. Es war so schön hier. So heimelig und friedlich. Ich fühlte mich fast augenblicklich wohl. Wir waren sehr schnell ein glückliches 3-Mäderlhaus geworden. Zumindest so lange ich nicht an Aksel dachte. Der Gedanke an ihn machte mich immer unglücklich. Und dank Cammy´s Augen dachte ich ständig an ihn. Es war eine sehr eigenartige Zeit. Ich war noch nie so glücklich und gleichzeitig so unglücklich gewesen. Mein Herz lachte, wenn mein Baby lachte. Und meine Seele weinte, wenn ich ihr in die Augen blickte.
Nach einem Monat kam uns Camilla besuchen. Eigentlich hätte sie Taufpatin werden sollen, Namensgeberin war sie ja schon, doch ich hatte mich gegen eine religiöse Zeremonie entschieden. Ich wollte meiner Kleinen die Wahl ihrer Religion lassen. Es gab also keine Taufe. Camilla kam trotzdem. Sie wollte den kleinen Sonnenschein sehen und brachte auch ein Geschenk für Cammy mit. Ein Sparbuch mit 100.000 Dollar und dem Versprechen, würde je irgendetwas mit mir sein, würde sie sich um sie kümmern. Als Camilla, Cammy das erste Mal sah, verliebte sie sich sofort in sie.
„Sie hat seine Augen!“
„Ich weiß.“
„Sie ist so herzig!“
„Ich weiß.“
„Jeden Tag an ihn erinnert zu werden muss die Hölle sein.“
„Das ist es!“
„Du solltest es ihm sagen.“
„Ich weiß.“
„Wirst du es tun?“
„Ja, aber ich weiß nicht wann oder wie. Und ich habe Angst vor seiner Reaktion. Du weißt doch er will keine Kinder!“
„Nein, das weiß ich nicht!!!“ Camilla war zornig geworden.
„Ich weiß nur dass er dich liebt! Und etwas das er in einem Interview zu wildfremden Menschen sagt, muss nicht dasselbe sein, dass er zu der Frau sagen würde die er liebt!!!! Und es wird Zeit dass du mit ihm redest. Wenn schon nicht für dich selber, dann tu es für Cammy. Ein Kind braucht seinen Vater. Und außerdem hat er die Wahrheit verdient. Er ist ein guter Mann!“
Bei Camillas Standpauke waren mir die Tränen in die Augen getreten. Ich wusste dass sie Recht hatte. Und mir war auch klar, dass ich es tun würde, allerdings war ich noch planlos.
Als Camilla meinen Tränen sah, nahm sie mich in den Arm.
„Ich helfe dir auch. Du musst da nicht alleine durch. Aber versprich mir bitte, dass du es bald tust. Mit jedem Tag den du wartest, tust du ihm und auch dir selber weh. Bitte mache es bald. Was wenn ich Recht habe und er froh ist sie zu haben, dann wird er dir jeden Tag vorwerfen, den er von ihrem Leben nicht mitbekommen konnte.“
„Okay, ich verspreche es“ schluchzte ich vor mich hin.
© Libellchen, 2014
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