Vom Loser zum Neidobjekt

Vor 10 Jahren wurde ich von den ganzen frisch verheirateten, gerade Mutter gewordenen Frauen herablassend belächelt. Ich Single und kinderlos, sie am Ziel ihrer Träume. Gut, damals lies ich mich auch belächeln, weil ich mich selbst als Loser fühlte. Die Gesellschaft ist nun mal immer noch so, dass der Single-Status nur eine vorübergehende Situation sein sollte. Ich war da schon immer anders. Lieber 5 Jahre alleine, als in einer unglücklichen Beziehung. Ich hatte nie Angst vorm alleine sein, im Gegenteil, ich bin es gewohnt.

Allerdings war mein Ziel nie ein glücklicher Single zu sein. Aber was soll ich machen, ist halt so gekommen. Eine Beziehung die nicht wirklich funktioniert, aufrecht erhalten, nur damit man eine Beziehung hat – nicht mein Ding. Sich betrügen lassen und weg schauen – kann ich nicht. Sich belügen lassen – dazu bin ich viel zu feinfühlig. Bei mir muss eine Beziehung einfach wirklich passen, sonst brauch ich sie nicht.

Vor 10 Jahren war, vor dem Ex und vor dem süßen Typen. Es ist also nicht so, dass ich die letzten 10 Jahre Single war, aber ich bin es jetzt wieder. Und plötzlich werde ich nicht mehr belächelt, plötzlich werde ich beneidet – allerdings auf die aggressive Art.

„Es gibt Menschen die haben Verantwortung zu tragen, deren größtes Problem ist nicht, welchen Kinofilm sie sich jede Woche anschauen!“

War das jetzt eine Beleidigung? Ich glaube es war zumindest ein Angriff. Allerdings einer der verpuffte. Genau diese Person belächelte mich vor 2 Jahren als Frau Mitte 30 ohne Kinder. Heute würde sie gerne mit mir tauschen. Nicht dass ich glaube, dass sie ihr Kind hergeben wollen würde, doch sie neidet mir meine Freiheiten. Meine Unabhängigkeit.

Aber das ist definitiv ihr Problem. Ich habe mich die letzten 6 Jahre mit meiner tickenden biologischen Uhr und meinem nicht vorhandenen potentiellen Vater meiner ungeborenen Kinder herumschlagen müssen. Und ich habe verloren. Der Zug für Kinder ist abgefahren. Ich werde bald meine neue Wohnung beziehen, in der kein Platz für Kinder ist. Ich habe meine Entscheidung getroffen und jetzt stehe ich dazu. Ich mache das Beste aus meinem Leben. Wenn ich schon alleine alt werden muss, dann bitte mit Spaß und Genuss.

Und ja, da dürfen mich dann auch alle die mittlerweile geschiedenen, gefrusteten Mütter gerne darum beneiden. So wie sie mich vor 10 Jahren belächelt haben und mir das Gefühl gaben, versagt zu haben, dürfen sie mich jetzt beneiden und mich darin bestärken, dass mein Weg doch der Richtige war.

Doch egal ob sie mich beneiden oder belächeln, ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich mir mein Leben eingerichtet habe, dass es für mich passt. Ich fühle mich wohl. Ich bin meistens glücklich und zufrieden. Und das hat sicher auch damit zu tun, dass ich mich mittlerweile nicht mehr mit anderen vergleiche. Ich versuche bei mir zu bleiben. Bei meinem Leben. Gut, hin und wieder werde auch ich aus der Bahn geworfen – allerdings nur kurzfristig. Vor kurzem erzählte mir eine Freundin, dass eine Bekannte – die 5 Jahre jünger ist – heiratet. Und da fühlte ich mich schon kurzfristig wieder mal als Versager – für etwa 3 Minuten. Als ich dann jedoch daran dachte, wen sie heiratet, war mir klar dass ich sie darum nicht beneiden muss.

Die 2 passen zwar sehr gut zusammen – so weit ich das beurteilen kann – doch für mich wäre er ein Inselmann. Bevor ich mir den Mann täglich antun würde, würde ich auf eine einsame Insel auswandern. Von daher wurde mir klar, als ich näher darüber nachdachte, dass ich ihr ganz neidlos nur das Beste wünschen kann. Und möge ihre Verbindung auch bald mit Nachwuchs gekrönt sein – ich gönne es ihr von Herzen!

© Libellchen, 2014

2 Kommentare zu “Vom Loser zum Neidobjekt

  1. Ich kenne deine Gedanken und dein Auseinandersetzen mit der Situation sehr gut. Auch ich war fünf Jahre am Stück Single und war dabei wirklich zufrieden und glücklich. Denn die wieder wollte ich in der Situation sein, dass ich nicht hinter einer Beziehung stehe.
    Nun habe ich seit zwei Jahren wen gefunden – und das ist wunderbar. Kinder will er nicht. Und ich will lieber ihn, als Kinder. Ja, mit 32 ist man noch nicht zu alt. Aber wir planen es nun einmal in den nächsten Jahren auch nicht. Und das ist gut so. Meine Unabhängigkeit ist mir wichtig.

    • Schön dass du jemand gefunden hast, mit dem du glücklich bist! Ich kann auch gut deinen Satz – Ich will lieber ihn, als Kinder – nachvollziehen. Eine funktionierende Beziehung wäre mir auch lieber, als Kinder um jeden Preis. Allerdings denke da viele Frauen anders, deshalb stoße ich mich so einer Aussage oftmals auf Unverständnis. Allerdings finde ich, jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden und dann halt auch dazu stehen. Doch mit dem dazu stehen, haben auch viele so ihre Probleme….

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