Nein, das kann ich nicht. Dafür genieße ich seine Nähe viel zu sehr. Offensichtlich mache ich gerade denselben Fehler, zum zweiten Mal in meinem Leben. Schon beim Ex wusste ich, dass es böse enden würde für meine Seele. Und hier kann ich es genauso kommen sehen. Aber ich hatte mir geschworen mein Leben auszukosten, jeden glücklichen Moment anzunehmen, den mir das Leben bietet. Und jetzt gerade bin ich glücklich. Ich habe wahrscheinlich den glücklichsten Moment meines ganzen Lebens. Ich werde das nicht aufgeben, nur weil es passieren kann, dass ich wieder gehen muss. Irgendwann muss ich das sowieso. Doch bis dahin können wir noch ein wenig kuscheln. Ich werde diese Freundschaft auskosten so lange sie dauert.
Zurzeit verbindet uns der Film. Doch so bald der Film im Kasten ist, werden sich unsere Wege trennen. Bis dahin werde ich jede Nacht, in der ich diese Nähe genießen darf, voll auskosten. Wie ich es auch schon bei meinem Ex getan hatte. Und wenn es vorbei ist, werde ich fallen und mich wieder aufrappeln. Wie schon so oft in der Vergangenheit. Ich komme mir vor, wie jemand der ohne Taschenlampe durch einen Tunnel stapft. Es ist klar dass ein Zug kommen wird. Doch keiner weiß wann. Doch ich gehe trotzdem weiter auf den Gleisen. Ich kehre nicht um, ich weiche nicht aus. Gehe immer weiter. Rein in den dunklen Tunnel.
Dieser Mut bescherte mir in der Vergangenheit schon viele tolle Highlights in meinem Leben. Von daher hoffe ich, dass es sich auch diesmal wieder lohnen wird. Ich will noch ein paar Erlebnisse mitnehmen auf meinem Weg hier in L.A. Zurück in mein stupides Leben wird es schnell genug gehen. Und die Chancen für tolle Erlebnisse werden täglich besser.
Nachdem ich die ersten 2 Wochen mehr oder weniger durchgearbeitet hatte, ließ ab der 3. Woche das Pensum ein wenig nach. Wir reduzierten auf 10-Stunden- Tage und begannen am Feinschliff zu arbeiten. Wir konzentrierten uns auf einzelnen Szenen und rundeten sie ab. Wir arbeiteten nur mehr von 8 bis 18 Uhr, danach hatten wir Feierabend. Dadurch hatte ich endlich Zeit, mich bei meiner Familie und meinen Freunden zu melden. Die Freunde waren dank Facebook schnell erledigt, die Anrufe bei meiner Familie dauerten ein wenig länger. Versäumt hatte ich in der Zwischenzeit, Gott sei Dank, nichts. Alles ging seinen gewohnten Gang.
Ganz im Gegensatz zu mir. Als ich die Stimme meiner Familienangehörigen hörte, bekam ich Heimweh. Es traf mich völlig unvorbereitet. Und als ich gerade total verloren, mit Tränen in den Augen vor dem Gebäude stand, kam Aksel sein Drehbuch holen.
„Was ist los, kann ich dir helfen?“ Ich konnte erstmal nur den Kopf schütteln. Unter schluchzen förderte ich dann doch noch ein „Heimweh“ zu Tage. Daraufhin nahm er mich einfach in den Arm. Mein Kopf lehnte an seiner breiten Brust und ich fühlte mich plötzlich total geborgen. Seitdem sind wir Freunde.
Und seitdem war er auch eigentlich immer da. Um mich von meinem Heimweh abzulenken, gingen er und Camilla mit mir abends aus und zeigten mir ein wenig was von der Stadt. Einmal waren wir auch am Strand, doch in der Gegenwart der operierten, aufgetakelten Strandnixen fühlte ich mich nicht wirklich wohl. Ich bekam totale Komplexe in der Gegenwart dieser perfekt geformten Körper. Sogar Camilla war nicht gerade begeistert von der Gesellschaft. Aksel hatte anfangs weniger Probleme. Ich, mit seinem Anblick in der Badehose, übrigens auch nicht. Doch nach ein paar Minuten umringten ihn die Strandgroupies und so flüchteten wir kaum dass wir gekommen waren. Und zwar flüchteten wir direkt in das nächste Promilokal und genau in die Arme von ein paar Paparazzi. Seitdem gibt es in der Klatschpresse ein Bild von mir. Allerdings hatte sich die Presse nicht weiter um mich gekümmert. Die Bildüberschrift lautete nur
„Aksel Jostos mit seiner neuen Freundin Camilla Palmer beim Besuch eines Szenelokals in L.A.“
Ich war zwar auch auf dem Bild, doch offensichtlich hatten die Paparazzi nicht bemerkt, dass ich zu den beiden gehörte. Konnte mir nur recht sein. Und Aksel und Camilla störten sich auch nicht wirklich daran, dass sie plötzlich als Paar galten. In Hollywood hatte man sich daran gewöhnt dauernd eine Beziehung nachgesagt zu bekommen, nur weil man Zeit miteinander verbrachte. Und Zeit verbrachten die beiden viel zusammen. Die Dreharbeiten für ihren neuen gemeinsamen Film standen schließlich unmittelbar bevor. Was die Paparazzi nicht wussten war, dass Camilla auf Frauen stand. Ich wusste das auch nur, weil sie mir mal ein ziemlich eindeutiges Angebot gemacht hatte. Und dass sie nicht mit Aksel das Bett teilt, das weiß ich auch mit Sicherheit, da ich seit einer Woche bei ihm schlafe. Wobei das kuscheln neu war. Er hatte mich in den vergangenen Wochen immer mal wieder umarmt, doch im Bett waren wir bisher jeder auf unserer Seite geblieben. Bis zur dieser Nacht.
© Libellchen, 2014
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