Es ist Jahresende. Die richtige Zeit um das vergangene Jahr noch mal zu überdenken. Und genau in diese Überlegungen hinein sagte Thomas vorige Woche etwas zu mir, dass mich zum Nachdenken brachte. Wir alberten rum und ich meinte, ich würde ihn vermissen. Woraufhin Margit meinte, „Uih, da wird sie aber wieder weinen!“. Wie gesagt wir haben rumgealbert, doch seine Antwort brachte mich zum Nachdenken – „Sie und weinen, das glaube ich ihnen auf keinen Fall!“
Ich und weinen ist also für ihn unvorstellbar? Zuerst war ich erschüttert, hält er mich für sie kaltschnäuzig, dass ich keine Gefühle habe. Oder ist es vielmehr so, dass er mich nur lustig kennt? Also habe ich nachgedacht. Thomas kennt mich tatsächlich nicht traurig, depressiv und mit meinen Nerven am Ende. Er fing erst bei uns an, als der schlimmste Teil nach der Trennung vom süßen Typen vorüber war. Und richtig angefreundet haben wir uns erst nach Sri Lanka. Er kennt mich also als taffe Bereichsleiterin, die gerne mal rumalbert.
Für ihn bin ich ein lebenslustiger Mensch, den nichts wirklich fertig machen kann. Wenn ich gefrustet bin, lasse ich es raus, und dann ist auch wieder alles okay. Er weiß dass, da ich, wenn ich gefrustet bin, oft zu ihm komme. Und wenn ich gehe, bin ich wieder lustig. Er sieht wie ich meine Probleme löse, nicht wälze. Er kennt mein neues Ich und hat von meinem alten Ich keine Ahnung. Hin und wieder reden wir über unsere Familie. Ich habe ihm auch schon ein wenig von meinem gestörten Verhältnis zu meinen Großeltern und mit meinen Problemen mit meinen Eltern, in der Vergangenheit erzählt. Er weiß aber auch, dass die Probleme mit meinen Eltern Vergangenheit sind.
Er sieht mein heutiges Ich. Er hat keine Ahnung wie viele Tränen ich in meinem Leben schon geweint habe. Zu viel für ein einziges Leben. Und irgendwie bin ich stolz darauf. Stolz als lustiger Mensch gesehen zu werden. Als jemand den nichts umwirft. Denn eigentlich stimmt es ja auch. In den letzten 2 Jahren, gab es nichts, was mich nachhaltig aus der Bahn warf. Es gab Herausforderungen – ja. Aber ich war nicht am Boden zerstört. Das ist wahrscheinlich der längste durchgehende Zeitraum in meinem Leben, wo ich mich weder in Alkohol, noch in Tränen flüchtete.
Und es gibt zumindest einen Menschen, der mich nur so kennt. Die anderen Arbeitskollegen kennen auch die andere Seite. Doch er nicht. Er ist der erste, der mich nur so kennt. Und das ist irgendwie schön. Es gibt einen Menschen auf dieser Welt, der mich für lustig und unverwüstlich hält. Der sich mich nicht mit Tränen vorstellen kann. Das gefällt mir irgendwie.
© Libellchen, 2013