Kitten oder trennen?

Auf Facebook gibt es da dieses Foto von einem alten Ehepaar mit folgendem Text:

Nach 65 Jahren Ehe wurde ein Paar befragt, wie sie es geschafft haben so lange zusammen zu bleiben. Die Frau dachte ein paar Sekunden nach und antwortete: „Wir wurden in einer Zeit geboren in der man kaputte Dinge reparierte, anstatt sie wegzuwerfen“.

Ich finde den Spruch toll, allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Nicht alles kann man reparieren. Hin und wieder muss man sich von Dingen trennen. Auch von Beziehungen? Ja, ich denke schon. Es gibt den Punkt wo eine Beziehung keinen Sinn mehr macht. Und wenn dieser Punkt erreicht ist, bringt auch reparieren nichts.

Wahrscheinlich bin ich deshalb Single. Es gab in meinem Leben Männer die mich heiraten wollten, doch irgendetwas in mir, sträubte sich damals. Hätte ich damals „Ja“ gesagt, hätte ich die letzten Jahre viel reparieren müssen. Wir hatten einfach nicht zusammen gepasst. Teilweise ja, aber nicht wirklich. Ich kenne viele Menschen die in genau solchen Beziehungen feststecken und täglich darum kämpfen. Kompromisse eingehen, streiten, noch mehr Kompromisse, noch mehr Streit. Und die meisten tun das nicht weil sie ihren Partner noch lieben, sondern weil sie Angst davor haben, alleine zu sein.

Es gibt sicherlich Beziehungen um die man kämpfen muss. Wo es sich tatsächlich lohnt. Doch bei anderen wäre es besser wenn sie sich trennen würden. Die Kunst ist zu erkennen, welche Art von Beziehung man führt. Ich neigte dazu oftmals alleine zu kämpfen. Die Männer haben ihr Leben gelebt und ich habe mich angepasst und dabei selbst verloren. Für mich war es besser zu gehen. Ich wäre nicht mehr ich selbst, wäre ich geblieben. Bei anderen hat sich das kämpfen gelohnt. Die haben sich zusammen gestritten.

So oder so, es muss jeder selbst entscheiden. Ich finde wie gesagt den Ansatz des Spruches gut, allerdings nicht immer und nicht bis zu letzter Konsequenz. Dieser Spruch gilt für gute Beziehungen, wo es hin und wieder Streit gibt. Ich habe ein paar K.O.-Kriterien für eine Beziehung, da denke ich gar nicht mehr über kitten nach. Würde mich ein Mann betrügen oder schlagen, bin ich weg. Da brauche ich gar nicht darüber nachdenken ob ich noch was kitten kann. Von daher. So schön die Vorstellung auch ist, als Enkelkind eines Ehepaares das 53 Jahre verheiratet war und täglich bitterböse gestritten hat, kann ich sagen, nicht jede Ehe ist es wert gerettet zu werden! Meine Großeltern habe ich das erste Mal zärtlich erlebt, als mein Großvater sein Ende spürte. Davor gab es Jahrzehnte von Streit, Missgunst, Vorhaltungen und teilweise sogar Hass. Und darunter habe ich sehr gelitten. Täglich die Streitereien mitzuerleben war nicht schön.

Vielleicht will ich deshalb nicht alles reparieren. Vielleicht gehöre ich deshalb zu Menschen die kein Problem damit haben, Dinge die man nicht mehr braucht weg zu schmeißen. Ich bin kein nostalgischer Typ. Ich habe keine Dinge zur Erinnerungen an die Vergangenheit. Alles was ich brauche, habe ich in meinem Kopf und in meinem Herzen. Ich habe Beziehungen die mir mehr weh getan haben einfach beendet. Danach habe ich darüber nachgedacht ob ich nicht zu schnell geflüchtet war. Doch heut kann ich sagen, ich hatte damals recht. Ich hätte mich nur selbst gequält und meinen Partner wahrscheinlich auch. Wenn ich verletzt bin, werde ich zum Arschloch. Wenn mir jemand weh tut, ist es besser mich komplett zu trennen. Ich würde sonst all meine Wut und meinen Hass ausleben. Und dass will ich nicht. So tief will ich nicht sinken. Doch so tun als ob nichts wäre, ist nicht meines. Wobei dies nicht nur für Beziehungen mit einem Lebenspartner gilt, das gilt auch für Freundschaften. Es gibt Menschen für die ist es besser, wenn sie mir in diesem Leben nicht mehr über den Weg laufen.

© Libellchen, 2013

11 Kommentare zu “Kitten oder trennen?

  1. Schön geschrieben und ich stimme dir zu, genauso geht’s mir und sehe ich die Dinge: jeder entscheidet selbst, denn es ist das eigene Leben. Anstatt über andere zu urteilen ist jeder für sich selbst verantwortlich. Und am Ende des Lebens wird keiner dafür ausgezeichnet, ein unglückliches zerstrittenes Leben geführt zu haben? Liebe Grüße und schönen Sonntag Abend

  2. Liebes Libellchen,
    im Grunde bin ich mir, was Beziehungen angeht, ziemlich unschlüssig. Ein Teil von mir glaubt ebenfalls, dass sich manche Paare besser trennen, weil nichts zu „reparieren“ geht, weil es irgendeiner der beiden vielleicht auch gar nicht will. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es möglicherweise gar nicht „vorgesehen“ ist, Jahre und Jahrzehnte miteinander zu leben, sondern dass bereits früher eine Ehe auch immer eine wirtschaftliche Gemeinschaft war, die damals aber gar nicht aufgelöst werden konnte – und letztlich haben wir diesen Zustand heute immer noch. Würden wirtschaftlichen Dinge nicht so eine Rolle spielen, wäre manche Partnerschaft längst beendet.
    Andererseits – was du von deinen Großeltern schreibst, dass sie zärtlich zueinander waren, als dein Großvater sein Ende spürte, heißt doch, dass die Liebe noch da war. Und ich bin sicher, dass sie die ganze Zeit da war – hinter allen Streitereien, hinter dem Hass. Also ist vielleicht doch ganz viel zu „reparieren“, wenn es gelingt, diese Gefühle wieder zu „wecken“. Keine Ahnung, wie das gehen kann…, viel wird es mit reden zu tun haben und damit, in dem anderen eine genauso verletzte und liebevolle Seele zu sehen, wie wir es selbst sind… Den anderen hinter all den Bildern zu finden, die wir von ihm sehen…

    Was Verletzungen und „weh tun“ betrifft, so glaube ich, dass ein anderer uns nicht wirklich verletzen kann. Viel eher glaube ich, dass er Wunden in uns berührt, die wir bereits haben – das tut ganz genauso weh. Weglaufen ist dann ganz sicher die eine Möglichkeit, die uns vielleicht zu einem anderen Partner führt, der …. ups … wieder dieselbe Wunde berührt ;).
    Ähnlich verhält es sich ja auch, wenn jemand seine(n) Partner(in) verlässt, weil dies oder jenes ist…, ganz oft gerät er danach an eine(n) ganz ähnliche(n) Partner(in)…
    Insofern denke ich, dass Verletzungen uns eher dazu auffordern genau hinzuschauen, die Wunde ansehen und spüren, was nötig ist, damit sie heilen kann. Denn zufällig ist m.E. weder das die Wunde berührt wird, noch das sie jetzt berührt wird.

    Aber wir sind immer frei, dass wir entscheiden können, was wir tun wollen, was ich total schön finde, denn oft mag ich auch nicht hinsehen (bzw. habe meine Brille grad nicht auf – bin weitsichtig 😉 ).

    Liebe Grüße von
    Rolf

    • Ich weiß nicht ob meine Großeltern sich wirklich geliebt haben, oder ob es nur eine Zweckehe war. Ich hatte damals einfach das Gefühl dass die Zärtlichkeit meines Großvaters, der Angst vor dem Tod entsprungen war und er sich seiner jahrzehntelangen Partnerin zuwandte. Aber Liebe? Ich weiß nicht, möglich, aber ich glaube nicht ganz dran.
      Heute weiß ich wovor ich damals davon gelaufen war, damals wusste ich es nicht. Doch wäre ich nicht gelaufen, sondern hätte versucht die Beziehung zu reparieren, hätte es nicht funktioniert – da ich gar nicht wusste wo mein Problem lag! Ich hätte nur die Symptome bekämpfen können, allerdings nicht den Krankheitsherd. Und ich glaube das viele Menschen in ihren Beziehungen gar nicht wirklich wissen, was ihre Probleme eigentlich sind. Würden sie es wissen, würde reparieren viel mehr Sinn machen. Doch die meisten suchen doch die Schuld nur bei ihrem Partner und kommen gar nicht auf die Idee, dass das Problem vielleicht bei ihnen selbst liegt.
      Schönen Abend noch! Liebe Grüße

  3. ich darf ja da wohl nicht mitreden – nach 3 scheidungen *lach* – sagt ja wohl eh alles – wobei mir eins jetzt ganz besonders gut gefallen hat

    „Wenn mir jemand weh tut, ist es besser mich komplett zu trennen. Ich würde sonst all meine Wut und meinen Hass ausleben. Und dass will ich nicht. So tief will ich nicht sinken. “

    könnte von mir sein – aber ist mir jetzt erst beim lesen bewusst geworden – wobei bei mir sinds eher die „freundschaften“, wo ich manchmal über „rache“ nachgedacht hatte – sie aber letztendlich nie bis zum exzess ausgelebt hatte 🙂

  4. KITTEN! Man soll nicht immer alles wegwerfen. Ich glaube aber auch, dass viele Beziehungen deswegen schief laufen, weil die Protagonisten einige Probleme mit sich selbst haben. Ansonsten, jo – KITTEN! Es sei denn, es sind keine Gefühle mehr da. Grundsätzlich sollte man aber doch lieber reparieren, als wegzuschmeißen. Denk es mal weiter. Das ganze Leben lang. Man würde also vor allen Problemen weglaufen, und damit auch vor sich selbst. Irgendwann hat eben jeder seinen „Judgement day“.

    • Normalerweise laufe ich vor nichts davon, aber wenn ich merke dass eine Beziehung nur dann funktioniert, wenn ich mein ganzes Wesen „aufgebe“, dann laufe ich lieber als mich für den Rest meines Lebens zu verstellen….. Aber das muss natürlich nicht für andere Menschen gelten.

  5. Man soll sich nicht verstellen müssen. Man soll den anderen so annehmen, wie er ist – mit allen Stärken, Schwächen und Fehlern. Denn wenn man einen Menschen liebt, dann liebt man ihn mit all seinen Facetten. Und den „perfekten“ Menschen gibt es nicht. Sucht man einen „perfekten“ Freund oder Partner, wird man sein Leben lang alleine sein.

    • Seh ich auch so. Trotzdem neige ich dazu mich in Beziehungen zurück zu nehmen. Liegt allerdings an meinem mangelnden Selbstwertgefühl. Aber ich kenne das Problem mittlerweile und arbeite daran. Vielleicht kommt das nächste Mal jemand wo ich mich nicht verstellen muss und somit auch nicht davonlaufe…..;-)

  6. Kenne ich. Ich lief auch einige Zeit vor mir selbst und vergangenen Geschehnissen weg. Ein Eye-Opener für mich war oder ist ein bestimmter Mensch. Dieser Mensch weiß dies auch. Es gibt nicht viele Menschen, auf deren Meinung ich heute noch Wert lege, habe ich nämlich viel zu lange getan. Manchmal aber begegnet man Menschen, die einem einen Spiegel vorhalten und zum Nachdenken anregen. Es geht also auch andersherum.

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