Überheblich

Der glaubt auch, er ist was Besseres!!!!

Diesen Satz habe ich sicher 1000 Mal gehört in meiner Kindheit. Jeder Mensch der stolz auf etwas geleistet war, oder einfach nicht so reagierte wie meine Großeltern es gewollt hätten, wurde sofort als überheblich abgestempelt. So lernte ich, nie zuzugeben wie stolz ich auf meine eigene Leistungen war.

Vielleicht habe ich deswegen auch nie studiert. Denn die „Studierten“ sind ja auch alle was Besseres. Genauso wie die Städter. Stolz sein dürfen. Die eigene Leistung anerkannt bekommen – ein sehr altes Thema in meinem Leben. Wahrscheinlich kommt von daher mein Drang, respektiert zu werden. Weil meine Großeltern es nie taten. Im Gegenteil bei ihnen war gut nicht gut genug. Meine Eltern andererseits waren schon stolz, allerdings war für sie meine Leistung immer irgendwie selbstverständlich. Wobei sich die beiden allerdings sehr gebessert haben. Wir haben allerdings auch darüber gesprochen.

Mit meinen Großeltern habe ich das gar nicht erst probiert. Denn wenn ich versucht hätte Lob einzufordern, hätte ich ja zugeben müssen dass ich stolz auf meine Leistung sei und das hätte direkt dazu geführt, dass ich überheblich sei. Meine Großeltern haben immer tief gestapelt in der Hoffnung jemand würde sie vom Gegenteil überzeugen wollen.

Das habe ich angenommen und sehr lange unreflektiert gelebt. Ich war nach außen immer ein Tiefstapler auch wenn ich im tiefsten Herzen schon stolz auf mich war. Eigentlich dachte ich dass ich das abgelegt hätte, doch das stimmt nur zum Teil. Ich fische nicht mehr nach Komplimenten indem ich so tue als sei das abrackern „ja nichts weiter“. Doch so richtig stolz sein auf meine Leistung – vor anderen – das bekomme ich noch immer nicht hin. Ich fühle mich unwohl wenn ich gelobt werde. Ich traue mich nicht zu freuen wenn jemand über mich sagt dass ich gut bin. Denn würde ich dazu stehen, wäre ich ja überheblich.

Das Gefühl ist ganz tief verwurzelt, das sehe ich jetzt ganz klar. Doch wenn ich will, dass mich andere respektieren muss ich mich erstmal selbst respektieren – den Spruch hab ich erst vor kurzem wo gelesen :-). Und es stimmt. Ich habe mich zwar immer selbst respektiert, doch nach außen bin ich nie zu 100% zu meiner Leistung gestanden. Immer in dem Bestreben nicht überheblich zu wirken – was laut meinen Großeltern eine der miesesten Charaktereigenschaften ist – habe ich mich nie aufrecht und mit breiten Schultern einfach hingestellt und mich in voller Pracht präsentiert.

Im Gegenteil ich habe ich mich viel zu sehr zurück gehalten. Ich war immer Teil eines Teams. Doch eigentlich bin ich nicht Teil eines Teams, ich bin der Kopf des Teams – jetzt in Bezug auf meinen eigenen Bereich. Es wird Zeit dass ich mich entsprechend positioniere. Und wenn ich dabei überheblich auf andere wirke, ist es auch egal. Ich habe 35 Jahre versucht unter allen Umständen auf keinen Fall überheblich zu wirken und habe es trotzdem geschafft, dass mich Menschen immer wieder so gesehen haben. Na wenn das so ist sollte ich ihnen vielleicht einen Grund geben. Ich kann sehr stolz sein was ich bisher erreicht habe. Es war ein langer, harter Weg, doch jetzt wird es Zeit die Lorbeeren zu ernten.

© Libellchen, 2013

2 Kommentare zu “Überheblich

  1. Überheblichkeit und der Stolz auf die eigenen Leistungen gehen nicht unbedingt Hand in Hand. Das tun sie erst, wenn die eigenen Leistungen dazu führen, dass man andere Menschen abwertet. Das Bilden einer eigenen Definition von Überheblichkeit führt vielleicht dazu, dass man nicht nur stolz auf seine Leistungen sein, sondern auch zu ihnen stehen kann. Wenn man seine eigenen Leistungen klein macht, macht man auch sich ein Stück weit klein.

    Alles Liebe,
    Emmi

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