So, der Kredit bei meiner Bank ist auch durch und somit ist die Wohnung nun ausfinanziert. Ich bin vom Sparmeister zum Schuldenmeister mutiert. Vor kurzem hatte ich noch eine schöne Bargeldreserve, jetzt hab ich einen großen Schuldenberg. Und in einem Jahr hab ich dann hoffentlich eine Wohnung.
Mein Bauchgefühl ist immer noch gut, doch mein Kopf schiebt Panik. Zumindest kurzfristig. In der Zeitung lese ich von der Finanzkrise. In Zypern, in Italien, in Spanien und natürlich in Griechenland. Ich lese vom Schwanken des Euro. Mein Kreditbetreuer hat mich ausführlich darüber beraten was passiert wenn ich meine Raten nicht begleiche.
Mein Kopf nimmt das auf und denkt darüber nach. Und so kommen die Zweifel und die Panik. Doch ich weiß was da passiert. Und somit lasse ich mich nicht reinfallen. Mein Bauchgefühl ist gut, das ist das einzige was zählt. Und in Zeiten wie diesen, wo die Sparzinsen weit unter der Inflationsrate liegen, bringt sparen sowieso nichts. Außerdem habe ich einen sicheren Job. Selbst wenn sich an meiner Arbeit etwas ändern sollte, verlieren werde ich sie nicht so schnell.
Nichts desto trotz hat die Panik zugeschlagen. Aber irgendwie bin ich froh darüber. Diese Panik, diese Existenzängste sind mir mein Leben lang wohl bekannt. Hätte mich der Wohnungskauf, inklusive der Schulden komplett kalt gelassen, hätte mir fast etwas gefehlt. Es wäre so untypisch gewesen, dass ich mich selbst nicht wieder erkannt hätte. Doch so hab ich kurz Panik geschoben und mich dann ganz bewusst auf mein positives Bauchgefühl konzentriert.
Ich bin immer noch ich, auch wenn ich mit meinen Zweifeln mittlerweile recht gut umgehen kann. Mein grundlegender Charakter ist immer noch derselbe. Und das ist eine beruhigende Konstante in der sich so schnell ändernden Welt. Ich habe mich verändert. Bin mutiger geworden. Bin flexibler und positiver geworden. Doch ich bin nicht naiv. Ich weiß was dieser Wohnungskauf für mich bedeutet. Ich bin mir der Konsequenzen und der Verpflichtungen bewusst. Doch ich war bereit es zu riskieren. Das ist neu. Lange habe ich nichts riskiert. Bin in meiner Höhle mit bekanntem verharrt.
Doch jetzt geh ich mutiger durch die Welt. Ich will mehr vom Leben als alt bekanntes und vertrautes. Doch hin und wieder bekomme ich Angst. Angst vor meiner eigenen Courage. Doch dann muss ich wieder an folgenden Spruch denken und dann ist wieder alles gut:
Wenn Du immer wieder das tust,
was Du immer schon getan hast,
dann wirst Du immer wieder das bekommen,
was Du immer schon bekommen hast.
Wenn Du etwas anderes haben willst,
musst Du etwas anderes tun!
Und wenn das, was Du tust, Dich nicht weiterbringt,
dann tu etwas völlig Anderes –
statt mehr vom gleichen Falschen!
Paul Watzlawick, Philosoph, 1921 – 2007
© Libellchen, 2013