In den letzten Wochen war ich sehr angespannt und angenervt. Ich bin in eine negative Grundstimmung reingekippt, gegen die ich täglich aufs Neue ankämpfte – mit mehr oder minder Erfolg. Ich wollte morgens nicht aufstehen, schleppte mich dann doch immer irgendwie ins Bad und anschließend in die Arbeit. Im Büro versuchte ich meine Laune hoch zu halten, doch die negative Grundstimmung kam immer wieder durch. Ich war wieder in dieser Stimmung wo ich montags begann die Tage bis zum Wochenende zu zählen.
Dann kam die Sonne. Als es draußen endlich wieder schöner wurde, wurde auch mein Herz fröhlicher. Ich beschloss das Problem an der Wurzel zu packen. Dank den Dingen die ich in den letzten Jahren über mich und das Leben gelernt hatte, war mir klar, dass ich nur meine eigene Einstellung ändern kann. Wenn mich meine Mitmenschen nerven, werden sie sich für mich nicht ändern. Es war an der Zeit, wieder zu meiner Mitte zu finden.
Und so packte ich diesen Donnerstag meinen I-Pod, ein Buch und stapfte in den Park. Dort setzte ich mich 1 ½ Stunden in die Sonne, las, hörte Musik und genoss die Wärme auf meiner Haut. Ich las das Buch fertig und blieb dann in der Sonne sitzen. Ich lehnte mich zurück, legte meinen Kopf in den Nacken und streckte mein Gesicht der Sonne entgegen. Und nach ca. 10 Minuten fühlte ich mich glücklich. Es war so ein tolles warmes Gefühl in mir und ich wusste ich war auf dem richtigen Weg.
Am Freitag im Büro unterhielt ich mich dann mit meinem netten Kollegen, der zurzeit dasselbe Problem hat. Auch er zählt am Montag schon die Tage bis zum Wochenende, was ein untrügliches Zeichen ist, dass man mit seinem Job nicht zufrieden ist. Wobei es bei uns weniger um die Arbeit, als vielmehr um das Umfeld geht. Wir sind die Kümmerer, er in seinem Bereich, ich in meinem. Wir sind die, welche die Probleme kommen sehen und sie versuchen abzufangen. Wir sind die, welche die Fehler ihrer Mitarbeiter ausbaden müssen. Und wir neigen beide dazu, Dinge selber zu machen – vor allem wenn wir es ansonsten an Menschen delegieren müssten, wo wir wissen, dass ihnen das Ergebnis egal ist.
Vor einem Jahr hätte ich mich wahrscheinlich noch nicht getraut ihm die Wahrheit zu sagen. Ich hätte ihn wahrscheinlich bedauert und meinen Lösungsansatz zurück behalten. Doch mittlerweile riskiere ich es immer öfter dass mich die Menschen vielleicht für verrückt halten und erzähle immer öfter wie ich mein Leben so angehe. Und so sagte ich dann am Freitag auch zu ihm „Ich bin in letzter Zeit auch viel zu negativ durchs Leben gelaufen. Doch nun wird es Zeit wieder zur eigenen Mitte zurück zu finden. Gestern hab ich mich 1 ½ Stunden in die Sonne gesetzt und heute geht es mir schon ein wenig besser.“ Er schaute mich dann verdutzt – aber nicht verstört – an und nickte zustimmend.
Natürlich ist mir klar, dass es bei uns genug Menschen gibt, die mich für diese Aussage als verrückt abstempeln würden. Doch irgendwie wusste ich, dass er mich verstehen würde. Und ich muss sagen, es ist echt schön, im Büro jemanden zu haben, bei dem man sich nicht verstellen muss. Mir ist schon klar, dass ich mich auch bei den anderen nicht verstellen muss, aber ich halte mich meistens mit meinen Weisheiten zurücke, einfach weil ich keine Lust auf Grundsatzdiskussionen habe. Meine Arbeitskollegen haben mit Masse nur ein Ziel – jemanden zu finden der Schuld an ihren Problemen hat. Und da ich nicht der Coach, Psychiater oder Psychologe bei uns bin, konzentriere ich mich ausschließlich auf meine Arbeit und lasse ihre Probleme dort wo sie hingehören – bei ihnen.
Und meine Probleme, die bei genauerer Betrachtung ja eh nur Problemchen sind, werde ich jetzt an meinem verlängerten Wochenende in der Sonne bzw. beim Masseur anbringen.
© Libellchen, 2013