Mir wird immer wieder gesagt, dass ich ein wenig komisch bin. Die meisten Menschen sagen dies allerdings mit einem wohlwollenden Lächeln. Ich habe mich in den letzten Jahren immer mehr geöffnet und zeige immer mehr mein wirkliches „Ich“. Ich bin verspielt, ich kann lustig sein, ich bin ein Serien-Junkie, ich lese Unmengen, ich kann in einem Moment professionell meine Arbeit machen und im nächsten Moment herumalbern, ich kann lieben, ich kann weinen. Ich nehme mein Leben nicht mehr ganz so ernst wie vor ein paar Jahren. Ich bin spontaner und offener. Ich probiere vieles aus und wenn es nicht funktioniert, kann ich auch über mich selbst lachen.
Im Büro, im Familien- und Freundeskreis kennen mich die Menschen mittlerweile so. Und sehr vielen gefällt es. Ich bin in den letzten Monaten richtiggehend aufgeblüht. Da ich schon einiges abgenommen habe, gefalle ich mir auch viel besser. Ich fühle mich wohler in meiner Haut und bin daher noch mehr aus mir herausgegangen. Ich zeige mein wahres „Ich“ jetzt mehr als noch vor ein paar Monaten. Im Büro hat sich auch vieles geändert, seit ich mit meiner Stellvertreterin in einem Büro bin. Sie ist genauso albern wie ich und seit wir uns ein Büro teilen, können wir das auch den ganzen Tag ausleben. Es gibt Kollegen die diese Veränderung zwar wohlwollend zur Kenntnis nehmen, sie aber auch nicht ganz nachvollziehen können und daher auch ein wenig verwirrt sind.
Ich war immer so professionell und zurückhaltend und jetzt bin ich es nicht mehr. Von ihnen kommt immer wieder mal „Du bist komisch“. Doch dabei lächeln sie und sie besuchen uns auch öfter als in der Vergangenheit – was ich als Zeichen werte, dass es ihnen trotz allem gefällt. Professionell bin ich natürlich immer noch – aber nur wenn es darauf ankommt. Ich kann meine Arbeit auch dann gut machen, wenn ich dabei lächle. Und so genieße ich mein Leben. Rückschläge nehme ich mir nicht mehr so zu Herzen und vor unangenehmen Dingen habe ich nicht mehr soviel Angst.
Mit dieser lockeren, verspielten Art habe ich mal wieder meine Großmutter besucht. Sie meinte auch ich sei komisch. Allerdings kam es bei ihr nicht wohlwollend rüber. Sie versteht mich nicht. Sie kann es nicht nachvollziehen. Das Leben ist hart und ungerecht. Da gibt es keinen Platz für Späße und Witzchen. Keinen Grund zum Lachen. Ich weiß wo es herkommt. Ich weiß dass sie immer schon so war und dass sie Schmerzen hat. Ich kann sie verstehen, aber sie mich nicht. Und auch wenn es egal ist, so stört mich ihre negative Haltung immer wieder in meinem Glücklichsein. Ich weiß ich sollte sie öfter besuchen, aber ich kann mich einfach nicht überwinden. Ich tue mir auch schwer mit ihr Mitleid zu haben. Sie leidet schon seit mindestens 35 Jahren. Auch wenn alles gut war, hatte sie einen Grund zum Leiden. Jetzt wo es ihr wirklich schlecht geht, habe ich all mein Mitgefühl ihr gegenüber aufgebraucht.
Ich glaube ihr, dass sie Schmerzen hat und dass es ihr nicht gut geht. Aber es interessiert mich einfach nicht mehr. Als Kind hatte ich ihr gegenüber so viel Mitgefühl und Mitleid. Ich habe ihr so viel meiner Energie geschenkt, nur um Jahre später herauszufinden, dass sie mich sehr oft angelogen hatte. Ihr Lebenszweck war immer der, eine Märtyrerin zu sein. Darüber definierte sie sich. Was sie mir dabei antat, war ihr egal. Ich hatte als Kind ein schlechtes Gewissen, dass ich ihr Leben so viel schwerer machte, durch meine bloße Existenz. Dabei war das aufopfern für mich, genau das was sie brauchte. Heute interessiert mich nicht mehr was sie braucht. Ich weiß so sollte es nicht sein, aber wir sind emotional so weit auseinander…. Wenn sie nicht mit mir verwandt wäre, würde ich mit ihr gar nichts zu tun haben wollen. Ich würde keine 2 Worte mit ihr wechseln.
Ich will in meinem Leben lieber Menschen, mit denen ich herumalbern und das Leben genießen kann. Ich weiß dass ist egoistisch, aber es ist die logische Konsequenz auf den Egoismus von meiner Großmutter. Jahrzehntelang habe ich getan was sie wollte. Habe mich verhalten wie sie es für richtig hielt. Habe mich zurück genommen um ihr zu gefallen. Diese Zeit ist vorbei. Ich werde mich auch in Zukunft nicht mehr verstellen wenn ich sie besuche. Und wenn sie ein Problem damit hat, ist es ihr Problem.
© Libellchen, 2013
Das hört sich doch alles sehr gut an! Ja, vielleicht bist du „komisch“, aber so wie es sich liest, wirst du immer mehr du selbst. Bleib so!
Ich bemüh mich 🙂
Reblogged this on daslebendechaos und kommentierte:
von mir wird immer gesagt das ich Chaotisch bin und durch das was ich erlebt habe auch sehr einsamm geworden . wie hast du es geschafft dich zu öffnen