Ich glaube ich muss noch viel mehr auf meinen Bauch hören und tun wonach mir ist. In der Vergangenheit habe ich oft Dinge tun wollen, doch mein Kopf hielt mich davon ab. Lange Zeit hatte mein Kopf die alleine Entscheidungsmacht über mein Leben. Im letzten Jahr hab ich das schon eingeschränkt, doch hin und wieder gewinnt mein Kopf immer noch. Doch oftmals endet so eine Entscheidung in Frustration meinerseits. Mein Bauch will Dinge tun, die gut für mich sind, mein Kopf will Dinge tun die sich so gehören. Ich bin zuverlässig und pünktlich. Wenn ein Treffpunkt zu einer bestimmten Zeit ausgemacht ist, bin ich ganz sicher pünktlich da, auch wenn ich unterwegs Dinge gesehen habe, die ich mir gern genauer angeschaut hätte. Ausgemacht ist ausgemacht. Meistens endet dies jedoch damit, dass ich auf andere warte. Und wenn die anderen dann zu spät kommen, weil sie auch interessante Dinge unterwegs gesehen haben, und im Unterschied zu mir, diese genossen haben, bin ich wieder frustriert.
Diese Situation ist mir im Urlaub gleich zweimal passiert. Mein Bauch wollte sich was anschauen, mein Kopf widersprach. Ich hörte auf den Kopf und durfte dann wieder auf die anderen warten, was zu Frustration führte. Im Urlaub empfand ich diesen Frust allerdings als extrem störend. Und so nahm ich mich des Themas an. Und der Schlüssel zu meinem Problem war „Entscheidungsfreiheit“. Nicht meine Mitmenschen frustrieren mich, sondern meine falschen Entscheidungen. Wenn ich etwas nicht will, sollte ich es nicht tun. So einfach ist es natürlich nicht, vor allem weil ich dazu erzogen worden bin, nur auf mein Umfeld zu schauen. Man tut was von einem erwartet wird, nicht was man will. Doch so lange ich das gelebt habe, war ich auch frustriert. Ich hatte nämlich auch erwartet, dass meine Mitmenschen genauso denken und handeln, was sie natürlich nicht getan haben.
Und es ist auch nicht notwendig. Wenn alle Menschen auf sich selbst schauen würden, und versuchen würde das Beste aus ihrem Leben zu machen, wären auch alle glücklich. Dadurch dass ich immer auf die Wünsche anderer geschaut habe, war ich auch bei meinen Entscheidungen nicht frei. Ich habe immer gewartet was andere wollen, um sie dann bei ihrem „Tun“ und „Wollen“ zu unterstützen. Doch wenn ich einfach aufhören würde, auf andere zu schauen, und meine eigenen Wünsche erfüllen würde, würde ich somit auch meine Entscheidungsfreiheit wahr nehmen. Natürlich müsste ich dann auch die Konsequenzen für mein Handeln selbst tragen. Wenn ich eine falsche Entscheidung treffe und sich diese als falsch herausstellt und mich frustet, kann ich es nicht mehr auf meine Mitmenschen schieben. Aber das ist okay für mich.
Ich habe mich also dafür entschieden, mein Leben in die Hand zu nehmen. Wenn ich in eine Situation gerate die mir nicht behagt, fühle ich mich somit auch nicht mehr der Situation ausgeliefert, sondern ich überlege, was ich stattdessen will. Und dann tue ich es auch. Ich nehme meine Entscheidungsfreiheit bewusst wahr. Und ich habe damit auch das Gejammere und Gesudere meiner Kollegen abgestellt. Als ich entspanntest vom Urlaub zurück kam, fühlte ich mich im Büro wie ein Wesen von einem anderen Planeten. Ich wurde gleich mal mit allem „Schlechtem“ der vergangenen 3 Wochen konfrontiert. Lange hab ich mir das aber nicht angehört. Ich führte ein Gespräch was ich in ähnlicher Form seitdem schon mehrmals wiederholt habe.
Ich: Wie geht’s dir?
Sie: Ach die regen mich alle so auf. Die sind alle so dumm und nerven mich die ganze Zeit mit ihren Fragen.
Ich: Wieso machst du diesen Job eigentlich?
Sie: Weil er sicher ist.
Ich: Das heißt es ist deine freie Entscheidung hier zu arbeiten?
Sie: Naja, irgendwo muss ich ja arbeiten.
Ich: Wieso?
Sie: Weil ich mir sonst meine Wohnung nicht leisten kann.
Ich: Dass heißt es ist deine freie Entscheidung dass du arbeitest um deinen Lebensstandard zu behalten.
Sie: Irgendwie schon
Ich: Und es ist deine freie Entscheidung hier zu arbeiten, weil der Job sicher ist.
Sie: Ja schon, aber…
Ich: Aber was? Es ist nur ein Job. Du verdienst Geld damit, es hängt nicht dein Leben davon ab und du wirst bezahlt dafür, dass du die Arbeit anderer kontrollierst. Wieso regst du dich auf, dass sie Fehler machen? Wenn sie die nicht machen würden, bräuchte man deine Arbeitskraft nicht.
Sie: Da hast du irgendwie recht.
Ich: Also noch mal von Anfang an. Wie geht’s dir?
© Libellchen, 2012