Momentan überschlagen sich die Ereignisse. Sowohl beruflich als auch privat werde ich momentan extrem gefordert. Mein Leben hat sich immens beschleunigt und zwar ganz ohne mein Zutun. Jede klitzekleine Planung muss ich mehrmals über Bord werfen. Pläne halten im Moment nur für ca. 1 oder 2 Stunden. Ich fühle mich hin und her geschleudert, reagiere nur mehr auf die äußeren Einflüsse und versuche dabei meine gute Laune nicht zu verlieren.
Eigentlich hat alles schon vor Monaten mit meinem beruflichen Baby begonnen. Gemäß den Plänen sollte ich einen 2. Bereich dazubekommen. Und so haben wir geplant und geplant und nichts ging weiter. Zuerst war Zieltermin August, dann Oktober und dann irgendwann nächstes Jahr. So viel zu den Plänen. Vor 1 Monat ging dann plötzlich alles drunter und drüber. Plötzlich sollten wir mit 1.1. starten, was ich dann Gott sei Dank auf 1.4. verschieben konnte. Schließlich musste ich noch 2 Leute einschulen und über Weihnachten sind wir sowieso schlecht besetzt. Dann wurde mein Großvater krank und ich fuhr 2x die Woche in das Spital um ihn zu besuchen.
Parallel dazu bekam ich die ersten neuen Aufgaben übertragen. Plötzlich kam ich nicht mehr jeden Tag um spätestens 1700 Uhr nach Hause, sondern frühestens um 1800 Uhr. Meistens wurde es jedoch noch später. Und die fehlende Freizeit merkte ich sofort. Ich spürte sofort, wie sich in mir Druck aufbaute. Ich fing an mich selbst zu stressen. Jeden Abend versuchte ich dagegen anzugehen, doch die Zeit dafür wurde täglich weniger. Vor 2 Wochen gipfelte der berufliche Stress in 10 Besprechungen in einer Woche. Und dann starb mein Großvater und ich hatte plötzlich anderes im Kopf als den Job. Doch da alle Kollegen anderweitig unterwegs waren, musste ich trotz der Trauer jeden Tag ins Büro.
Diese Woche dann der nächste Schock. Eine meiner zukünftigen Mitarbeiterin wird mit 1.1. wegversetzt und ich musste plötzlich überlegen, wem ich die Arbeit übertragen kann. Gut das war einfach, da über Weihnachten alle in Urlaub bzw. auf Kur sind, blieb nur ich selbst über. Ich bin die einzige die bis Mitte Jänner durchgehen da ist. Na dann übernehmen wir das Vorzimmer vom Chef und das Sekretariat für die Abteilung in 2 Wochen. Kein Problem, oder? Na ja. Eigentlich muss ich auch noch Jahresabschluss machen, die Budgetplanungen fürs nächste Jahr, muss das Berichtswesen an einen Mitarbeiter übergeben, meine Großmutter sollte ich vielleicht auch mal im Spital besuchen, und mein Vater erwartet mich zu Weihnachten.
Der Druck wuchs und wuchs. Doch ich plante unermüdlich. Und verwarf alle Pläne gleich wieder. Eine Mitarbeiterin die ich als Unterstützung vorgesehen hatte, wurde gleich mal krank und mein Mitarbeiter den ich ein paar Agenden übergeben wollte, musste plötzlich mittags weg. Am Donnerstag war ich kurz davor die Nerven wegzuschmeißen. Keiner nahm Rücksicht darauf dass ich mich um 6 Sachen gleichzeitig kümmerte und jeder schaute nur darauf rechtzeitig aus der Firma rauszukommen, ich war jeden Tag die letzte die nach Hause ging. Und ich wollte das nicht mehr. Als ich begonnen habe zu arbeiten, war es auch so, doch damals musste ich mir beweisen dass ich gut bin. Doch das muss ich nicht mehr. Ich weiß es. Und wenn die äußeren Umstände einfach nicht wollen, dann lass ich es auch bleiben. Sie können mich mal. Ich werde mich nicht selbst fertig machen, damit alle ein schönes Leben haben. Nicht wenn ich mein Leben damit nicht mehr leben kann.
Meine Großmutter ist in der Steiermark im Spital. Ich weiß zwar nicht genau wie viele Kilometer das sind, aber es sind auf jeden Fall zu viele um sie noch abends zu fahren. Bleibt nur meine Wochenenden zu opfern, doch dazu bin ich nicht bereit. Ich würde es nur aus Pflichtbewusstsein tun und nicht weil es mir ein Bedürfnis ist. Ich mag die Frau nicht besonders, wieso also sollte ich mir meine Entspannung verweigern um mich von ihr noch zusätzlich runter ziehen zu lassen.
Auf Weihnachten mit meinem Vater und der angeheirateten Familie freu ich mich schon, und deshalb werd ich es auch durchziehen, auch wenn das bedeutet dass ich eine weitere Anreise in Kauf nehm.
Jahresabschluss und Budgetplanung haben im Büro absolute Priorität. Alles andere sind Arbeiten, die ich übernehmen soll, weil alle anderen anderes zu tun haben. Ich springe ein und werde mein bestes geben, aber ich werd mich davon nicht stressen lassen. Es interessiert mich nicht mehr. Alle anderen interessiert es auch nicht. Die einzige die will, dass die Übergaben alle perfekt laufen, bin ich selber. Mein Chef erwartet gar nicht, dass alles perfekt ist, der will nur dass es überhaupt läuft und er nicht alles selber machen muss. Das weiß ich, und doch wollte ich dass alles perfekt läuft. Aber dazu brauch ich Hilfe. Und solange alle anderen, sich um alles anderes kümmern und mich alleine lassen, wird es halt nicht perfekt laufen.
Keiner kann erwarten dass ich 4 Leute vertrete, zusätzlich zu meiner Arbeit, und alles perfekt ist. Auch ich nicht. Ich bin nur froh, dass ich es gelernt habe, bevor ich mich selbst richtig stresste. Ich wurde diese Woche an eine Grenze geführt, wo ich mich entscheiden musste. Soll ich alles geben für den Job, oder doch auch auf meine Bedürfnisse achten. Ich habe mich für letzteres entschieden. Gestern am Abend hab ich sogar mein Handy abgeschaltet um ganz in Ruhe vor dem Fernseher chillen zu können. Es war das erste Mal seit langem, wo mir meine Wünsche diesbezüglich wichtiger waren, als die Erwartungen von anderen. An und für sich war ich immer für alle erreichbar. Doch eigentlich bin ich ganz glücklich, wenn ich mich hin und wieder verkriechen kann.
© Libellchen, 2011