Erschlagen

Die vergangene Woche war nicht ganz einfach für mich. Allerdings für das was passiert war, geht es mir relativ gut. Ich habe viel geweint und viel geschrieben. Ein kleines „Spezialprojekt“ hab ich auch begonnen, mal schauen was daraus wird. Was mich am meisten faszinierte diese Woche war, dass ich geschlafen habe wie ein Baby. Ein paar schlaflose Nächte hätten mich nicht gewundert, doch ich bin eingeschlafen, sobald ich mich niederlegte.

Morgens fühlte ich mich trotzdem erschlagen. Es war als wäre ich in der Nacht einen Marathon gelaufen. Und zwar jede Nacht. Montag bis Mittwoch musste ich trotzdem morgens aufstehen und arbeiten gehen. Ich erledigte jeden Vormittag alles Notwendige und ging mittags nach Hause. Montagnachmittag war ich bei meinem ersten Gespräch mit einem Bestatter dabei. Es war nicht so schlimm als befürchtet, doch trotzdem emotional anstrengend. Dienstag- und Mittwochnachmittag ging ich schlafen. Am Donnerstag lümmelte ich auf der Couch rum und habe versucht herauszufinden wie es mir geht.

Und am Freitag dann das Begräbnis. Es war mein drittes wo ich emotional beteiligt war. Das für mich schlimmste war das erste. Mein Mitarbeiter der nicht mehr zurück kam aus dem Urlaub. Obwohl er mir persönlich nicht nahe stand, war sein Begräbnis echt schlimm für mich. Damals konnte ich mich allerdings auch noch nicht von den Emotionen anderer abschotten. Ja ich wusste damals noch nicht mal, dass es für mich wichtig ist, aufzupassen nicht den emotionalen Schrott aller Menschen in meiner Umgebung, ungefiltert aufzunehmen. Mein Mitarbeiter war sehr beliebt und beim Begräbnis waren sicher 200 Menschen die um ihn trauerten, ich hatte keine Chance.

Beim Begräbnis meines Onkels wusste ich davon auch noch nicht wirklich was. Doch da waren nicht ganz so viele Menschen und so war es nicht ganz so schlimm. Ich heulte zwar auch damals mit meinen Cousinen und meiner Mutter mit, doch da ich ihn persönlich erst sehr spät und da auch nicht wirklich gut kennen gelernt habe, war es nicht ganz so schlimm. Doch mein Großvater hat mich groß gezogen. Und so hatte ich ein wenig Angst davor, wie es mir wohl beim Begräbnis gehen würde. Und ja die Tränen sind geflossen, aber es waren meine eigenen Gefühle. Nur einmal heulte ich mit jemand anderem mit. Als er die Aufbewahrungshalle betrat konnte ich die Welle der Trauer schon spüren, noch bevor ich ihn sah. Er war der beste Freund, bzw. Ziehsohn meines Großvaters. Die beiden hatten Zeit ihres Lebens ein ganz besonderes Verhältnis gehabt. Er war der Sohn gewesen, den mein Großvater sich so sehr gewünscht hatte, den er aber nie bekommen hat.

Er trauerte wahrscheinlich wirklich am meisten. Meine Großmutter ist zurzeit noch zu sehr damit beschäftigt, sich als leidende Witwe zu positionieren, da hatte sie noch nicht wirklich viel Zeit, sich mit ihrem Verlust zu beschäftigen. Nur einmal, spürte ich echte Gefühle bei ihr. Und es war meine Schuld. Ich hatte die Musik ausgesucht, die gespielt wurde beim Begräbnis, dabei habe ich versucht jene Musik zu wählen, die mein Opa gewollt hätte. Und dabei habe ich die Gefühle meiner Großmutter gefunden. Da spürte ich das erste Mal in meinem Leben wirklich ihr Herz. Und auch wenn es nur ca. 1 Minute dauerte, so weiß ich jetzt zumindest, dass auch meine Großmutter Gefühle hat. Vielleicht lernt sie es ja jetzt, sie öfters zu zeigen. Mal schauen.

Nach vielen Tränen haben wir dann auch das Begräbnis hinter uns gebracht. Irgendwie war ich erleichtert, aber ich fühlte mich auch leer. Zu viele Tränen waren geflossen, da fühle ich mich dann immer total ausgelaugt. Aber ich konnte mich auf Samstag freuen, da war endlich mal wieder eine Massage angesagt. Doch auch Samstagvormittag war ich noch immer erschlagen. In der Nacht von Freitag auf Samstag dürfte ich wieder etwas anderes getan haben, als geschlafen. Am Samstag war ich dann bei der Massage entspannt wie nie. Oder auch einfach zu kaputt um mich noch gegen die Entspannung wehren zu können. Und so ließ ich mich richtig fallen. Nach der Massage war ich dann ganz am Ende. Es war als wäre kein Körperteil an mir noch in der Lage munter zu bleiben. Ich fiel auf die Couch und hielt ein zweistündiges „Powernäppchen“.

Danach ging es wieder. Den Vermutungen von mir und meinem Umfeld folgend dürfte mein Unterbewusstsein im Schlaf wie wild gearbeitet haben. Im Moment habe ich auf jeden Fall das Gefühl, dass es besser wird. Ich habe gestern dann auch noch mit meinem „Spezialprojekt“ begonnen, doch bevor ich euch davon erzähle wird es noch ein wenig dauern. Ich muss erst schauen ob was draus wird. Hier bin ich nun aber erstmal am Ende mit meiner Trauerarbeit. Ich werde in der nächsten Woche dann die „alten“ Blogeinträge von vorigem Wochenende nachholen.

© Libellchen, 2011

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