Momentan flutschte das Leben. Wenn man es mal geschafft hat, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen, geht der Rest wie von selbst. Früher habe ich mich bei unangenehmen Situationen wochenlang selbst zerfleischt. Ich habe mich immer und immer wieder gefragt, warum gewisse Dinge ausgerechnet mir passieren. Ich war gefangen zwischen Selbstmitleid und Vorwürfen. Und ich habe für die Lösung eines meiner Probleme, oft Jahre gebraucht. Heute geht es Schlag auf Schlag.
Unangenehme Situation – Analyse – Betrachtung von aussen – Lösung.
So geschehen erst vor kurzem mit einer Freundin. Sie hat sich (und auch mir) die Frage gestellt, warum eine Situation so ist, wie sie halt nun mal ist. Ich hab gar nicht darüber nachgedacht, sondern hab ihr ganz spontan eine Antwort geliefert. Darüber waren wir dann beide sehr überrascht. Ich habe ihr gesagt, was ich fühle, und habe so ihr Kopfwirrwarr gelöst. Das funktioniert übrigens auch in die andere Richtung.
Und so flutscht es halt dahin. Wenn was Negatives passiert, wird es einfach angegangen. Es gibt aber keine wochenlangen Grübeleien mehr, sondern 1, 2 Tage reichen, dann ist das Problem gelöst. Früher verschwendete ich sehr viel Zeit damit, die Schuld bei mir zu suchen und mich selbst zu verteufeln, weil ich wieder irgendetwas verbockt habe. Heute ärger ich mich zwar auch fallweise über mich selbst, aber nicht allzu lange. Ich versuche dann relativ flott heraus zu finden, wofür die aktuelle Situation, vielleicht doch gut sein kann.
Positives Denken in der reinsten Form. Früher habe ich so Menschen einfach nur gehasst. Wenn mir früher jemand erklärt hat, „wer weiß wofür das gut ist“, wär ich dem- oder derjenigen am liebsten an die Gurgel gesprungen. Ich war so leidend, dass mir dieser Ansatz wie ein Hohn vorgekommen ist. Ich lieg eh schon am Boden, und mein Gegenüber tritt noch auf mich ein. Heute hör ich den Satz häufig von meiner Freundin und meine Antwort ist dann in etwa „das werden wir sicher rausfinden“. Und meistens ist es auch so.
Und selbst wenn nicht. Dann kann ich mittlerweile damit leben. Ich nehme negative Situationen nicht mehr so persönlich. Ich gehe nicht mehr davon aus, dass die Menschen mir schlechtes wollen, nur weil sie bei mir ein schlechtes Gefühl erzeugen. Und wenn ich etwas nicht auflösen kann, dann nur weil noch nicht die Zeit dafür ist. Rückblickend werd ich es schon noch rausfinden. Es gibt so viele Situationen in meiner Vergangenheit wo es mir echt mies ging, wo ich heute aber ganz klar erkenne, wofür ich sie gebraucht habe. Doch damals gings mir einfach nur schlecht. Damals war ich nur fertig.
Damals flutschte mein Leben aber auch noch nicht. Damals war ich todunglücklich und gefangen in Selbstmitleid und Selbstzerfleischung. Das letzte „Damals“ ist übrigens genau ein Jahr her. Doch dieses Tief vor einem Jahr brauchte ich um zum Schreiben zu kommen. Und durch das Schreiben wurde mein Kopf klarer, ich wurde ehrlicher zu mir selbst, lernte meine Meinung zu vertreten und mit Kritik umzugehen. „Damals“ war irrsinnig wichtig für mich, damit es heute so richtig flutschen kann. Ich habe im privaten etwas gelernt, das ich im beruflichen schon jahrelang fabriziere – Problemlösung! Wenn man sich über ein Problem einfach nur ärgert, wird es sich nicht lösen, wenn man es angeht allerdings, ist es irgendwann erledigt. Und irgendwann ist die Liste abgearbeitet und man kann nach Hause gehen, und im privaten beginnt das Leben zu flutschen.
© Libellchen, 2011