Worte

Wir sollten achtsam bei dem sein, was wir sagen und tun, denn

ein böses Wort ist wie ein Stein, der in einen tiefen Brunnen geworfen wird

die Wogen mögen sich glätten, der Stein aber wird auf dem Grund bleiben.

(Konfuzius)

Dieses Zitat ist mir letztens richtiggehend ins Gesicht gesprungen. Ich wurde Zeit meines Lebens mit Worten verletzt. In meiner Familie gab es keine körperliche Gewalt, „nur“ psychische. Und eines kann ich euch sagen, die Narben der Seele, die man nicht sieht, halten sich verdammt lange. Und nicht jeden „Schlag“ kann man verzeihen. Doch selbst wenn man es verzeihen kann, vergessen wird man es nie.

Ich habe in meinem Leben schon sehr viel verziehen, doch vergessen hab ich es trotzdem nicht. In meinem Brunnen liegen sehr viele Steine rum. Kleine und große. Doch durchwegs alte. In den letzten Jahren kamen nicht wirklich Steine hinzu. Vor allem weil es da diesen einen riesigen Stein gibt. Der ist 16 Jahre alt und war der Auslöser dafür, dass ich beschlossen habe, mich nur mehr auf mich selbst zu verlassen. Es waren die Worte, die mich zutiefst verletzt hatten und die mein Leben am nachhaltigsten veränderten.

Diese Worte bestätigten mir etwas was mir meine Großeltern jahrelang einreden wollten, doch was ich nicht bereit war zu glauben. Bis zu dem Moment als es mir die Person um die es ging bestätigte. Sie stand mir nicht mal einen halben Meter gegenüber und sah mir dabei in die Augen. Ich hatte keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Ab diesem Zeitpunkt war ich definitiv auf mich alleine gestellt. Das war der Moment, wo ich aufhörte, von meinen Mitmenschen etwas zu erwarten. Ich war alleine. Niemand war da. Niemand interessierte dass ich existiere.

Ich habe diese Worte verziehen, doch nicht vergessen. Im Gegensatz zu ihr. Sie hat es total vergessen, oder verdrängt? Wahrscheinlich war es für sie nicht so wichtig wie für mich. Für sie war es nur ein Streit, wie so viele zuvor. Doch für mich änderte dieses Gespräch alles. Für mich war es der Auslöser, jahrelang den Kontakt zu der Person abzubrechen. Sie weiß heute nicht mal mehr, dass sie das zu mir gesagt hat. Und heute sagt sie, dass es so wie sie es damals gesagt hat, eigentlich gar nie war. Sie hat mir damals nicht die Wahrheit gesagt. Sie wollte mich damals nur verletzen.

Diese Erkenntnis empfinde ich als echt heftig. Auch ich habe schon viel gesagt im Streit. Aber so was? Vor allem mit über 30 Jahren. Sollte man da nicht schon besonnener sein. Sollte man da nicht schon weiter sein und nicht einem Teenager einfach mal einen reinwürgen? Ich bin heute über 30 und ich könnte mir nicht vorstellen, heute jemanden so einen Satz an den Kopf zu knallen, nur um ihn mal einfach so zu verletzten. Aber ich bin auch ich. Mitunter hat mich auch genau dieser Satz an den Punkt heute gebracht. Ich hab sehr früh begonnen, nach meiner inneren Mitte zu suchen. Die Generation vor mir, ist da später dran gewesen, wenn sie sich überhaupt auf die Suche gemacht hat.

Ich habe den Satz und alles was dahinter steckt schon vor Jahren verziehen. Nur unter anderen Voraussetzungen. Ich werde ihn jetzt noch mal verzeihen unter den neuen Vorzeichen. Ich kann es zwar schwerer verstehen, aber ich will mich mit der Vergangenheit auch nicht weiter belasten. Die handelnden Personen von damals, sind nicht dieselben von heute. Wir haben uns alle weiter entwickelt. Es bringt nichts, sich darüber heute den Kopf zu zerbrechen. Doch ich werde zukünftig noch besser auf die Worte achten, die ich an meine Mitmenschen richte. Ich will nicht der Grund für Steine in einem Brunnen sein. Ich habe Zeit meines Lebens, zu viele davon in fremden Brunnen verteilt. Ich will nicht, dass da noch welche dazukommen.

© Libellchen, 2011

3 Kommentare zu “Worte

  1. Hallo Libellchen,
    meiner Meinung nach können wir zwar auf unsere Worte achten, einigermaßen zumindest, aber der wahre Kern unseres Wesens zeigt sich eben auch in unserer Art uns auszudrücken und in emotinal geladenen Momenten entläd sich zwangsläufig auch die ein oder andere Wahrheit.
    Hass, Liebe, Eifersucht, Überforderung im Alltag…vieles kommt dann heraus und ein einziger Moment ist eben dieser eine Moment.
    In diesem Moment fühlen wir SOOO, in diesem Moment sagen wir vielleicht das, was wir am meisten verdrängt haben. Und das, was wir am meisten verdrängen, das was wir nicht wollen in unserem Leben, summiert sich zu einem riesigen dicken Paket an Gefühlen. Und dann kommt eine Explosion, ein einziger unbedachter Moment.
    Aber dieser Moment ist ein winzig kleiner Ausschnitt aus einem ganzen Tag, Monat oder Jahr, gar einem ganzen Leben.
    Es ist schwer Mutter oder Vater, Großmutter und Großvater zu sein. Es ist schwer Partner eines Menschen zu sein und auch Kind zu sein. Andauernd kommt jemand, der möchte dass wir seine Bedürfnisse erfüllen.
    Stop..ich wollte keine Geschichte schreiben.
    LG
    Elke

    • Liebe Sonnenstern!

      Du hast sicher recht. Dinge stauen sich an und explodieren dann. Doch eigentlich ist das alles lange her. Und für mich war das auch alles schon längst erledigt, doch dann haben sich rückwirkend meine Grundlagen geändert. Und da bekomm ich dann immer ein kleines Problem. Etwas gesprochenes, das ich als Wahrheit erkannt hatte, war plötzlich eine Lüge. Ich musste mich also einer Situation stellen, die schon längst für mich erledigt war und sie aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Die Worte damals haben mich zutiefst verletzt. Und sie haben meinem Leben einen ganz eigenen Weg gegebenen. Doch plötzlich waren sie nicht mehr wahr.
      Doch das alles ist Vergangenheit. Ich will mir darüber heute keinen Kopf mehr zerbrechen. Heute ist heute und wichtig ist nur das morgen. Doch möglicherweise werden noch andere Dinge hoch kommen und sich anders darstellen, als damals angenommen. Nun, dann werd ich mir auch diese einfach vom Leib schreiben. Die Vergangenheit wird hier im Blog gebannt, dann ist mein Herz und Kopf frei für die Zukunft.

      LG

  2. Der Blog ist eine grandiose Möglichkeit etwas abzulegen 🙂
    Das Leben ist lernen und andauernden Änderungen unterworfen.
    Manchmal anstrengend und immer spannend, finde ich 🙂

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