Blog

Seit ich diesen Blog habe, habe ich sehr viel Zuspruch von Freunden und Fremden bekommen, aber ich wurde auch angegriffen. Nicht jeder ist einverstanden damit, dass ich meine Gefühle, öffentlich in einem Blog preisgebe. Freundinnen von mir haben erst letztens gemeint, dass sie so persönliches von sich, nicht in der Öffentlichkeit schreiben würden. Wenn ich genauer darüber nachdenke, haben sie nicht ganz unrecht. Andererseits kenn ich ja meine Zugriffszahlen.

Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, dass ich mal mein Gefühlsleben aufschreiben und im Internet veröffentlichen würde, hätte ich sicher kein Wort geglaubt. Ich doch nicht. Dafür hätte ich niemals den Mut! Aber so ist das Leben halt manchmal. Und ich brauchte auch gar keinen Mut dazu. Es war ein innerer Drang dem ich einfach nachgegeben habe. Ich bin da irgendwie reingeschlittert. Doch ich finde es mittlerweile richtig gut. Ich habe Abonnenten die, obwohl sie mich nicht persönlich kennen, meinen Blog verfolgen und Anteil an meinem Leben nehmen. Und ich habe Menschen dazu angeregt, dass sie selbst zu schreiben beginnen. Und alleine das, war es wert, mich jeder Kritik gestellt zu haben.

Bevor ich mit dem Blog begonnen hatte, konnte ich mit Kritik nicht wirklich gut umgehen. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum ich in der Vergangenheit, so selten meine Meinung geäußert hatte. Ich wollte einfach nicht über meine Ansichten diskutieren, da ich nie gelernt hatte, mir nicht jede Kritik zu Herzen zu nehmen. Ich hatte lange Zeit überhaupt kein Selbstwertgefühl. Ich mochte mich nicht und ich hatte das Gefühl das ich meinen Mitmenschen den Sauerstoff zum Atmen „stahl“. Und wenn man sich so klein, unnütz und wertlos fühlt wie ich lange, fordert man seine Mitmenschen nicht dazu heraus, einem die Meinung zu sagen. Wenn man einfach den Mund hält, kann man sich sein Leben lang irgendwie durchwurschtln.

Das Problem mit dem durchwurschtln ist, man bekommt davon nicht mehr Selbstwertgefühl. Man hängt fest in einem Strudel vor Selbstzweifel und Unwohlsein. Da ich das auf Dauer nicht durchgehalten habe, habe ich versucht mein Selbstwertgefühl über die Arbeit aufzupolieren. Das hat auch recht gut funktioniert, jedoch hat es sich auf den Job beschränkt. Im privaten Bereich, ging nichts weiter. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es für die Gemeinschaft egal ist, ob es mich gibt oder nicht. Nicht dass es nicht auch in meinem Leben Menschen gab, die mich mochten und gern Zeit mit mir verbrachten, doch ich hatte einfach immer das Gefühl nichts zum Allgemeinwohl beizutragen. Ich war auf der Suche nach dem Sinn meines Lebens und fand einfach keine Antwort. Was sollte ich bloß auf diesem Planeten?

Und dann kam und ging der süße Typ. Eine emotionale Achterbahn der Meisterklasse. Doch offensichtlich hab ich es genau in dieser Intensität gebraucht, um endlich den Weg zum Schreiben und zu diesem Blog zu finden. Und nachdem ich diesen Blog begonnen hatte, begannen auch die ersten Kritiken und plötzlich musste ich für meine Meinung einstehen. Etwas was ich jahrelang vermieden hatte. Von „nur nicht auffallen“ zu „zu seiner Meinung stehen“  in ein paar Monaten. Und je mehr Kritik kam, desto besser lernte ich damit umzugehen. Ich lernte zu unterscheiden, zwischen Kritik von Menschen die mir wichtig sind, und jenen die sich wichtig machen wollen.

Der Blog hat mich abgehärtet und er hat andere Menschen angeregt ebenfalls zu schreiben. Und ganz egal ob sie das was sie schreiben veröffentlichen oder nicht, ich habe sie auf die Idee gebracht, sich ihr Leid von der Seele zu schreiben. Und plötzlich trage ich etwas, wie ich meine, wertvolles für die Gemeinschaft bei. Plötzlich habe ich das Gefühl, auch etwas wert zu sein.

Und dafür möchte ich euch danken. Euch treuen Lesern, die mir gezeigt haben, dass es doch ein paar Menschen gibt, die das was ich schreibe auch lesen mögen. Und mein Dank geht auch an meine Kritiker. Danke dass ihr mich gezwungen habt, zu meiner Meinung zu stehen und mich dadurch abgehärtet habt.

© Libellchen, 2011

5 Kommentare zu “Blog

  1. Oh oh Libellchen, ich kann dich sooo gut verstehen.
    Es ist schwer über sich total ehrlich zu schreiben und ggf. die Kritik der Leser damit heraus zu fordern.
    Noch schwerer ist es den engsten Vertrauten gegenüber offen zu sein und dazu zu stehen etwas zu tun, das 90% der Anderen nicht tun würden (naja von den 90% werden 50% schreiben, wenn sie mal so unglücklich sind, sie werden sich an dich erinnern und dass es dir geholfen hat, dir die Unterstützung der Mitleser/innen zu gönnen)
    Insofern kann ich mich nur bedanken, dass du mich teilhaben lässt, an deiner Geschichte, an deinem Leben und Leiden und an deinem Wachsen.
    Ganz liebe Grüße
    Zwiebelchen aus den Sümpfen

    • Liebes Sumpfzwiebelchen!

      Das Synonym macht es leichter 🙂 Wenn ich damit rechnen müsste, dass meine Arbeitskollegen den Blog finden könnten, weil ich unter dem richtigen Name blogge, könnte ich bei weitem nicht so ehrlich sein.
      Ich weiß nicht was ich schlimmer finde, Kritik von Freunden oder Fremden. Die Freunde sind nämlich meistens netter 😉
      Aber ich hatte auch schon heftige Kritik von einer Wildfremden. Und da ging mir ein Licht auf. Es kann mir egal sein… Wenn mich jemand den ich nicht kenne, nicht versteht, nicht mein Problem.
      Zwischendurch wollte ich auch den Blog schon mal aufgeben, aber ich hab mich durchgekämpft. Das Schreiben ist ein Teil von mir geworden, den geb ich nicht auf, nur weil mich jemand kritisiert…

      GlG

  2. Bei mir ging das mit dem Bloggen auch nicht so schnell, Erst habe ich mich ganz vorsichtig getraut, auf myspace zu bloggen. Ich hatte mir da einen recht schönen Freundeskreis aufgebaut, aber bis ich wirklich anfang, Persönliches zu veröffentlichen, hat es doch länger gedauert. Seit einiger Zeit blogge ich hier als Suppenköchin, aber da passt ein sehr persönliches Thema auch nicht so richtig rein. Dafür habe ich inzwischen einen zweiten Blog.
    Meine Meinung zu vertreten bzw. dazu zu stehen, fällt mir auch teilweise noch immer schwer, besonders wenn es um Konfrontation geht.
    Ich kann Dich da sehr gut verstehen.

    Jedenfalls sind wir auf einem guten Weg, dafür dürfen wir uns auch mal auf die Schulter klopfen! 🙂

    Herzliche Grüße
    Andrea

  3. Oh neee, meine Kolleginnen und Kollegen sollten das hier auch nicht finden.
    Sie wissen viel von mir und sie wissen auch, dass ich mancherlei Hinsicht etwas sonderbar reagiere und die Kolleginnen in meinem näheren Umfeld wissen alle von R., sie kennen ihn auch alle.

    Irgendwann war es mir egal, sollten sie wissen, dass ich leide.
    Sowas macht eine Weile die Runde und schläft irgendwann ein und die meisten mögen mich gern, dann ist es eh leichter.

    Nur das was ich hier schreibe ist so intim, teilweise.
    Nein das möchte ich wirklich nur mit denen teilen, von denen ich weiß sie verstehen es und wenn hier mal Kritik kommt. Gut, ich werde sehen. Manchmal ist sie ja auch hilfreich.

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