Sie lag in ihrem Bett und hatte Kopfweh. Sie hatte was ganz was komisches geträumt. Sie war fort gewesen und hatte den hübschesten Jungen der Schule getroffen. Und sie hatten was getrunken und er hatte sie heimgebracht. Und sie hatte ihn gefragt wie er eigentlich heißt, weil sie nur seinen Spitznamen kannte, und er hatte es ihr gesagt. „Ich heiße Thomas, aber meine Freunde sagen Tom.“ Und dann hatte er ihr die Telefonnummer seiner Großmutter aufgeschrieben und hat sie gebeten ihn anzurufen, sobald sie munter wäre, weil er sich Sorgen machen würde. Er fühlte sich schuldig, weil er ihr Alkohol eingeflößt hatte, und sie total neben sich stand deswegen. Ein komischer Traum und warum hat sie Kopfweh? Sie setzte sich ganz langsam auf und versuchte sich zu orientieren. Irgendwie war ihr schwindlig. Konnte es sein, dass das gar kein Traum war. Konnte es sein, das dies alles tatsächlich passiert war. Wenn ja, würde sie irgendwo eine Telefonnummer finden. Sie durchsuchte ihre Sachen und tatsächlich. In ihrer Hosentasche war ein Zettel und darauf stand eine Telefonnummer, mit einer Vorwahl hier im Ort.
Es war tatsächlich passiert. Ein Junge hatte ihr seine Telefonnummer geben und sie gebeten ihn anzurufen. Vorgestern hatte sie sich noch nicht mal mit einem Jungen unterhalten gehabt und heute hielt sie eine Telefonnummer in ihrer Hand. Sie war total verwirrt, glücklich und ihr war schlecht. Wieso tranken die Menschen bloß Alkohol? Mit den Nachwehen, war das ganze doch nur mehr halb so lustig. Sie holte sich Wasser aus der Küche und ein Toastbrot. Nachdem sie sich gestärkt hatte und ihren Magen beruhigt hatte, überlegte ob sie Tom anrufen sollte. Sie wollte ihn zwar unbedingt anrufen und seine Stimme hören, doch was sollte sie bloß sagen? Mit dem Nachlassen ihres Alkoholspiegels, kam auch ihre Schüchternheit wieder in geballter Stärke zurück. Sie fing an zu überlegen. Und mit den Gedanken, kamen die Zweifel. Konnte sie ihm vertrauen? Sollte sie es riskieren? War er nicht zu hübsch um mit ihr befreundet zu sein? Eines war ihr klar, er wollte eine Freundschaft mit ihr, nicht mehr. Und wahrscheinlich befristet für den Zeitraum, bis seine Großmutter starb. Er wollte mit ihr Zeit verbringen, solange er hier am Wochenende fest saß. Doch was war danach? Würde er sie dann wieder ignorieren, so wie der Rest der Menschheit? Würde sie dass dann ertragen? Würde es wirklich so laufen? Oder doch ganz anders?
Sie würde nur raus finden können was passiert, wenn sie sich drauf einlassen würde. Wenn sie ihn nicht anrufen würde, würde ihr Leben so bleiben wie es bisher war. Wollte sie das? Die Antwort war einfach. Nein! Sie wollte etwas ändern und er war ihre Tür zu einer anderen Welt. Wenn sie sich in ihm täuschte, wäre sie zwar das Gespött der Schule, doch das war sie ohnehin schon. Genau genommen, hatte sie nichts zu verlieren. Sie konnte nur gewinnen. Also griff sie zum Hörer und rief ihn an. Nach dem 4. Mal läuten hob er ab. „Morgen. Ich habs überlebt und bin mehr oder weniger wach. Danke fürs heim bringen.“ Wow. Sie hatte richtig flüssig mit ihm gesprochen. Wenn sie seine dunkelblauen Augen nicht sah, war es irgendwie leichter mit ihm zu sprechen. „Mahlzeit! Ich hab schon befürchtet du bist böse auf mich, weil ich dir den Alkohol bestellt habe. Freut mich dass du dich meldest.“ Mahlzeit? Sie lugte auf die Küchenuhr. Tatsächlich es war 1 Uhr mittags. Wie lange hatte sie geschlafen? Wann war sie heim gekommen? „Sag mal, wann hast du mich eigentlich zu Hause abgesetzt? Ich hab irgendwie das Gefühl, mir fehlen ein paar Minuten!“ „Es war noch nicht mal Mitternacht. Du warst ziemlich fertig. Es tut mir wirklich leid, ich wollte das nicht. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass du nach 3 Schluck Wodka so abstürzt!“ „Schon okay. Ich weiß jetzt, dass ich nichts versäume, wenn ich den Alkohol weg lasse.“ „Hast du Lust auf einen Spaziergang? Ich würd dich abholen. Könnte in 10 Minuten bei dir sein.“ „Können wir gern machen, aber lass mir noch ein wenig Zeit, ich brauch mal eine Dusche. Wie wärs in einer Stunde?“ „Sicher, ich bin in einer Stunde bei dir vor der Tür. Freu mich schon. Bis dann!“
© Libellchen, 2011