Verloren

Nach jeder Trennung war ich relativ lange Single. Und in diesen meinen Single-Phasen habe ich dann immer wieder den Weg zurück zu mir gefunden. Stellt sich nur die Frage, warum ich ihn immer wieder verloren habe? Warum ich mich in Beziehungen immer wieder selbst verliere? Eine Blogerin hat in einem Kommentar geschrieben dass sie immer wieder stillschweigend für sich selbst Kompromisse eingegangen ist und freiwillig für andere zurück gesteckt hat. Ich kenn das nur zu gut! Auch ich habe immer wieder ungefragt Kompromisse gemacht.

Kompromisse sind ja grundsätzlich eine gute Sache, doch wenn man sich ungefragt anpasst um den Frieden zu wahren und dabei das eigene Selbst verleugnet bzw. negiert, ist das weniger gut. Gut aufgefallen ist mir das bei mir als ich über die Beziehung mit dem „Der Ex“ nachgedacht habe. Er war in gewissen Sachen sehr speziell. Man könnte sagen er war ein sehr sparsamer Mensch. Man könnte aber auch sagen er war geizig. Jedenfalls war er ein Schnäppchenjäger. Unter der Woche wurden die Postwurfsendung begutachtet und Samstags gings dann los. Kreuz und quer durch die Stadt. In 10 verschiedene Geschäfte um nur ja jedes Schnäppchen mitzunehmen und für das Joghurt nur ja kein € 0,10 zuviel zu bezahlen. Und das ist keine übertriebene Schilderung!

Ich bin da gar nicht so. Wegen 10 Cent fahr ich doch nicht durch die halbe Stadt! Bei Großanschaffungen wie Waschmaschine oder ähnliches kann ich das ja verstehen, aber bei Joghurts endet mein Verständnis definitiv. Doch obwohl ich nichts davon hielt, war ich jeden Samstag live dabei. Weil ihm war es ja wichtig und ich als seine Freundin muss ihn doch dabei unterstützen. In dieser Beziehung ist es mir extrem aufgefallen, doch es gab diese Dinge auch in jeder anderen Beziehung. Ich habe gewisse Sachen einfach mitgemacht, weil ich meinte mein Partner erwartet es von mir.

Bei meinem Ex hab ich nach einem Jahr beschlossen ich will nicht jeden Samstagvormittag dafür investieren auf Schnäppchenjagd durch die Stadt zu ziehen und schickte ihn alleine los. Und es war ihm egal. Ich hätte mir das schenken können. Ihm war nur wichtig, dass er sich austoben konnte, er hatte gar nicht erwartet dass ich mitgehe. Ich hatte mich verbogen um ihn glücklich zu machen, dabei wäre das gar nicht notwendig gewesen. Doch durch das verbiegen hab ich mich immer ein wenig selbst verloren. Und sobald ich wieder Single war, begab ich mich auf die Suche nach mir selbst.

Diese Erkenntnis hatte ich schon nach der Trennung mit meinem Ex, doch ich bin jetzt draufgekommen, dass ich das auch in Freundschaften immer wieder gelebt habe. Ich habe mich immer ungefragt untergeordnet und angepasst. Nur da kann mein Umfeld nichts dafür, weil ich habs ja immer ungefragt getan. Wobei bei den wenigen Menschen die mir noch geblieben sind war ich auch immer ich. Da war ich nie angepasst und kompromissbereit. Im Gegenteil! Da hat es auch schon mal gekracht, weil ich mich nicht unterordnen wollte.

All die Menschen die ich immer glücklich machen wollte, egal wie es mir selbst dabei ging, sind weg. Geblieben sind Menschen mit denen ich diskutiere, bei denen ich zickig sein kann, wo ich auch schon mal stur sein kann. Warum ich bei diesen Menschen so anders bin, wie bei anderen weiß ich noch nicht. Aber vielleicht finde ich es noch raus. Doch ich bin froh dass ich sie zurzeit an meiner Seite habe. Ich habe mich in den letzten Monaten sehr verändert, doch diesmal bin ich nicht dabei mich zu verlieren, sondern im Gegenteil. Im Moment finde ich immer mehr zu mir.

Und da sind Menschen die einen immer wieder ein wenig fordern, genau das Richtige! Auch wenn es Tage gibt, wo sie mir zu schnell sind. Wo sie mir auf meinem Marathon-Lauf ein Sprint-Tempo vorgeben. Doch da liegt es dann wiederum an mir, sie einzubremsen. Und mit jeder neuen Herausforderung lerne ich besser damit umzugehen.

© Libellchen, 2011

Ein Kommentar zu “Verloren

  1. ich weiche mal etwas vom thema ab:

    Wegen 10 Cent fahr ich doch nicht durch die halbe Stadt!

    wenn ich darauf angewiesen wäre, würde ich das auch tun. war aber wohl nicht der fall, denke ich 😉
    wenn ich z.b. jemanden für dinge bezahle, die ich auch selbst machen könnte, überlege ich mir immer, wie viel geld ich in meinem job verdienen würde – und wenn ich in der zeit mehr geld mache, bezahle ich diesen menschen dafür. ganz logisch und trocken.
    und genauso ist es auch beim einkaufen: lohnt es sich, für 5 joghurts – also 5×10 cent – z.b. eine stunde weg in kauf zu nehmen? (definitiv nicht – eine stunde arbeit ist meinem arbeitgeber um einiges mehr wert 🙂 )

    aber zurück zum eigentlichen thema: ich denke, das ist eine unterart des helfersyndroms. man will es halt allen recht machen, man will harmonieren, keinen streit, und übertreibt es dann. manchmal sogar unbewusst. auch ich muss mich immer noch zwingen, einfach mal aufzustampfen und nein zu sagen. und dann bin ich überrascht, dass das gar nicht als so schlimm angesehen wird, wie ich es mir ausgemalt habe 😉

    liebe grüsse,
    aprikose

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