Feiertage

Eigentlich hatte sich das Libellchen darauf gefreut mal zu Weihnachten nicht alleine zu sein. Ihren Geburtstag mit ihrem Freund feiern zu können. Doch da hatte sie sich zu früh gefreut. Er war nach Hause geflogen zu seinen Eltern. Eh klar. Sie hat er nicht mitgenommen. War es zu früh? Sie waren ein halbes Jahr zusammen. Jetzt war Weihnachten und ihr Geburtstag und sie saß alleine in ihrer Wohnung und ihr Freund war zu Hause bei seinen Eltern.

Sie wäre gerne mitgekommen, aber sie war nicht gefragt worden. Warum eigentlich nicht? Sie wußte es nicht. Wenn sie ihn fragte, bekam sie immer nur halbe Antworten. Er vermittelte ihr das Gefühl, daß er sich für die Verhältnisse aus denen er kam schämte. Doch dem Libellchen war egal aus welchen Verhältnissen er kam. Seine Eltern waren arm. Na und? Sie hatte ihm gesagt, daß es ihr egal war. Er hatte sie trotzdem nicht mitgenommen.

Jetzt saß sie zu Hause. Alleine. Wie jedes Jahr. Nur das sie heuer einen Freund hatte. Und trotzdem war sie alleine. Wieso passierte ihr das immer wieder? Sie konnte es sich nicht erklären. Wieso kannte sie gar niemanden aus seinem Leben? Sie hatte ihm ihre Freunde vorgestellt und ihren Vater. Er hatte ihr niemanden vorgestellt. Alle seine Freunde waren in seiner Heimat. Wo er jetzt auch war. Ohne sie.

Konnte das sein? Konnte man 10 Jahre in einer Stadt wohnen, ohne einen einzigen Freund zu finden? Sie hatte von Anfang an ein komisches Gefühl gehabt. Es war zwar nicht greifbar was nicht stimmte, aber irgend etwas war komisch. Wieso hatte er sich so gesträubt ihre Freunde kennen zu lernen? Wieso kannte sie keinen Menschen aus seinem Leben? Wieso war er alleine nach Hause gefahren und hatte sie nicht mitgenommen?

Fragen über Fragen und keine Antworten. Sie hatte ihm alle diese Fragen schon in der einen oder anderen Form gestellt. Doch nie eine befriedigende Antwort bekommen. So war er halt. Er brauchte keine Freunde in der neuen Stadt. Er konnte ja mit seinen alten Freunden mittels E-Mail und Telefon Kontakt halten. Er hatte ja sie. Und weil er sie hatte, hatte er sie auch nicht mitgenommen, oder wie?

Andererseits waren sie ja auch erst ein halbes Jahr zusammen. Vielleicht war ihm das noch zu früh, um seine Freundin seinen Eltern vorzustellen. Sie wußte es nicht. Aber es brachte sie auch nicht weiter, immer und immer wieder darüber nachzugrübeln was das alles zu bedeuten hatte.

Sie würde noch ein wenig warten, bevor sie sich ganz öffnen würde ihm gegenüber. Sie würde vorsichtig bleiben. Sie war schon von einigen Menschen in ihrem Leben enttäuscht worden, deshalb war sie vorsichtig geworden. Und sein Verhalten trug auch nicht dazu bei, dass sie sich ganz fallen lassen konnte. Die kleine Seele würde ihre Höhle vorerst nicht verlassen und auch das Herz war noch vorsichtig.

© Libellchen, 2011

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