Die ersten 4 Monate waren vorüber. Die erste Stufe der Verliebtheit war vorbei. Jetzt konnte sie wieder klare Entscheidungen treffen. Sie wußte von sich, daß sie in den ersten 4 Monaten einer Beziehung nicht zurechnungsfähig war. Keine Entscheidungen treffen sollte, die sich auf ihr zukünftiges Leben auswirken würden. Doch jetzt waren 4 Monate vorüber und es wurde Zeit für eine Bestandsaufnahme.
Sie hatte einen Freund. Es ging ihr gut. War sie glücklich? Sie wußte es nicht genau. Sie war auf jeden Fall nicht unglücklich. Das war schon mal gut. Aber glücklich? Er war eigentlich toll. Sie stritten nicht. Sie verstanden sich gut. Aber irgend etwas fehlte. Nur was war es? Und war es wichtig?
Eigentlich wohnten sie zusammen. Das Libellchen hatte zwar ihre Wohnung behalten und fuhr auch alle 2 Wochen mal nach Hause um Wäsche zu waschen und ihre Freunde zu treffen. Doch ansonsten war sie eigentlich nur bei ihm. Sie standen zusammen auf und fuhren zusammen in die Arbeit. Er arbeitete gleich in ihrer Nähe und so konnten sie zusammen fahren. Der einzige Nachteil dabei war, daß sie um 5 Uhr morgens aufstand. Viel zu früh für sie. Doch sie hatte nachgegeben. Er legte viel Wert darauf, daß er um 1400 Uhr heim gehen konnte. Es war zwar nicht mehr Sommer und er konnte nachmittags eh nicht mehr in die Sonne, aber es war im trotzdem wichtig. Und sie. Sie würde lieber liegen bleiben. Sie mußte sowieso bis 1600 Uhr im Büro bleiben und wenn sie um 6 Uhr schon im Büro war, baute sie jeden Tag 2 Stunden plus auf. Aber die nutzte sie andererseits wiederum für verlängerte Wochenenden.
Und sonst? Die Nachmittage und Abende verbrachten sie zusammen. Hin und wieder gingen sie ins Kino. Im Sommer waren sie oft schwimmen, doch jetzt war Herbst. So richtig viel unternahmen sie nicht mehr miteinander. Er fuhr auch nie mit, wenn sie ihre Freunde besuchte. Er kannte noch nicht wirklich viele von den Menschen die ihr wichtig waren. Er wollte es nicht. Warum eigentlich? Sie konnte es sich nicht wirklich erklären. Andererseits waren sie auch erst 4 Monate zusammen und vielleicht, braucht er einfach noch Zeit.
Irgend etwas stimmte nicht. Sie spürte es. Und doch konnte sie nicht sagen was es war. Es ging ihr gut. Sie war nicht mehr einsam. Wenn sie heimkam wartete er schon auf sie. Er war zuvorkommend und nett. Sie kuschelten fast jeden Abend vorm Fernseher. Sie sprachen auch viel miteinander. Was fehlte bloß? Sie brauchte Hilfe. Er mußte jetzt mal zu ihren Freunden mitkommen. Ob er wollte oder nicht. Sie brauchte Rat.
Also faßte sie sich ein Herz und sprach ihn darauf an. Ob er nicht mitkommen wollte wenn sie am Freitag nach Hause fuhr. Er wollte natürlich nicht. Doch sie ließ nicht locker. Und so begleitete er sie zu ihren Freunden. Erstmal nur zu einem befreundeten Pärchen. Sie wollte ihn ja nicht gleich überfordern. Und sie waren angetan von ihm. Wie alle die ihn kannten. Er war sehr nett, zuvorkommend, gepflegt, verdiente gutes Geld, behandelte sie gut und alles war in Ordnung. Sie fanden ihn nett. Vielleicht ein wenig steif, aber alles in allem war er ein netter angenehmer Freund.
Was stimmte bloß nicht? Ihr Freund gab ihr den Rat, die gemeinsame Zeit zu genießen und einfach abzuwarten wie es weitergeht. Vielleicht hatte er ja recht. Sie würde einfach mal abwarten.
© Libellchen, 2011