Herbst

Der Sommer war vorüber, die Ausflüge an den See waren vorbei. Die kleine Seele war traurig. Sie hatten ihn schon seit 4 Wochen nicht gesehen. Er war in Urlaub, mit seiner Frau, und die kleine Seele hatte das Gefühl als müßte sie sterben. Sie war einsam und traurig. Und doch war sie nicht überrascht. Sie wußte daß es so kommen würde. Es war ihr von Anfang an klar, daß es so enden mußte. Und doch war sie traurig, daß es so schnell vorüber war und sie nicht mehr Zeit miteinander verbringen konnten.

Das Klingeln weckte sie aus ihren Tagträumen. Was war das, ah das Telefon. Nichts, was sie interessierte. Der Körper hob ab und oh mein Gott. Er war es. Seine Stimme ging ihr durch und durch. Er war aus dem Urlaub zurück und wollte mit ihr Essen gehen. Aber wieso? Die kleine Seele war überzeugt gewesen, daß es vorbei war und jetzt das. Sollte sie zusagen? Was für eine Frage. Natürlich würde sie mit ihm essen gehen.

Alles was sie wollte, war ihn zu sehen, mit ihm zu reden, seine Nähe spüren, ihn zu riechen. O mein Gott alleine seine Stimme, löste eine schier unendliche Anzahl von Gefühlen in ihr aus. Und nicht nur in ihr. Sie alle waren auf einmal hell wach. Das Herz hüpfte auf einmal auf und ab, den Körper durchströmte ein wohliges Gefühl und der Verstand begann seine Vorbehalte wieder mal zu wiederholen.

Doch niemand hörte auf ihn, sie alle waren viel zu sehr mit den aufkeimenden Gefühlen beschäftigt. Sie fühlte sich wie eine Drogenabhängige, nach 4 Wochen kaltem Entzug, hielt ihr jemand ihre Lieblingsdroge vor die Nase. Das war echt nicht fair. Die 4 Wochen durchzuhalten waren schwer genug. Sie hatte die Zeit genutzt um ihn zu vergessen, na offensichtlich, hatte sie ihn nur verdrängt, und jetzt war er wieder da.

Und mit einem Schlag war sie wieder abhängig. Sie konnte nicht anders, als sich mit ihm zu treffen. Sie hatte keine Chance, dagegen anzukämpfen, dabei hatte sie das in der Vergangenheit doch immer recht gut geschafft. Wobei eigentlich stimmte das so nicht, daß Herz hatte es immer recht gut geschafft, sich zu verschließen wenn es sein mußte und der Körper konnte seine Bedürfnisse hinten anstellen, wenn es notwendig war. Doch die kleine Seele mußte sich damit noch nie auseinandersetzen, deshalb war sie ja auch noch so klein.

Weil sie nie etwas riskiert hatte und somit auch nicht wachsen konnte. Sie war klein und verkümmert, doch jetzt wo sie seine Stimme hörte, hatte sie das Gefühl groß und schön zu sein. Er gab ihr das Gefühl etwas ganz besonderes zu sein. Und dieses Gefühl wollte sie auch ihn Zukunft haben. Sie wollte sich schön fühlen und nicht klein und nutzlos. Und deshalb ignorierte sie die Warnungen des Verstandes und überredete den Körper dazu ein „Ja natürlich will ich mit dir Essen gehen“ in den Telefonhörer zu hauchen.

© Libellchen, 2010

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